Griss-Kommission:

Kinderrechte bei Asyl nur „unzulänglich“ gewahrt

Politik
13.07.2021 12:01

Österreich wird bei Asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren in Sachen Kinderrechte internationalen und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen „nur unzulänglich gerecht“. Zu diesem Ergebnis kommt die von Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss geleitete Kindeswohlkommission. „Beim Vollzug kommt wenig davon an“, so Griss bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Außerdem gebe es beim Schutz unbegleiteter Minderjähriger einen „Fleckerlteppich“ je nach Bundesland.

Das Gremium war von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nach der Abschiebung von Schülerinnen nach Georgien bzw. Armenien eingesetzt worden. Die Kommission sollte sich mit dem Stellenwert von Kinderrechten und Kindeswohl bei Entscheidungen zum Asyl- und Bleiberecht befassen. Für ihren 400-seitigen Bericht sprach sie unter anderem mit Auskunftspersonen, analysierte Gesetzestexte, wertete Fragebögen aus und sah sich Fälle aus der Vollzugspraxis an.

Ernst Berger, Hedwig Wölfl, Helmut Sax, Irmgard Griss und Reinhard Klaushofer (v.l.n.r) (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Ernst Berger, Hedwig Wölfl, Helmut Sax, Irmgard Griss und Reinhard Klaushofer (v.l.n.r)

Einfach nur Glückssache?
Zum Teil ist die Einhaltung von Kinderrechten schlicht Glückssache, meinte Griss. „Entscheidungen über den Schutz Minderjähriger und den Schutz von Familien fallen sehr unterschiedlich aus bei gleichem Sachverhalt“ - je nach zuständigem Richter oder Referenten. „Manche nennen das eine Lotterie.“ Habe man Glück, erwische man einen Zuständigen, der sich tatsächlich mit der Materie befasse, Empathie und Bemühen um die Rechte von Kindern mitbringe. Dann erhalte man auch eine positive Entscheidung. „Wenn man Pech hat, ist das nicht der Fall.“

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Entscheidungen über den Schutz Minderjähriger und den Schutz von Familien fallen sehr unterschiedlich aus bei gleichem Sachverhalt - je nach zuständigem Richter oder Referenten. Manche nennen das eine Lotterie.

Irmgard Griss, Vorsitzende der Kindeswohlkommission

Es sei zwar nicht nur in Österreich so, dass gleiche Sachverhalte unterschiedlich beurteilt würden, meinte Griss. Aber: „Für den Rechtsstaat ist das ein Übel.“ Konsequenz: Für das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen sowie das Bundesverwaltungsgericht müsse es klare Richtlinien geben. Als Vorbild könne etwa Schweden dienen, wo es eigene Vorgaben gibt, wie eine strukturierte Kindeswohlprüfung funktioniert.

Verländerung als Problem
Ein weiteres Problem sei die Verländerung. Wer das Glück habe, als unbegleiteter Minderjähriger in Tirol aufgegriffen zu werden, für den sei die Kinder- und Jugendfürsorge sofort zuständig, betonte Griss. In anderen Bundesländern sei das nicht der Fall. „Eine Verländerung kann nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden.“ Es brauche daher für die Obsorgeberechtigung einheitliche Standards. Schließlich verlangt die Kommission auch ein unabhängiges Kinderrechte-Monitoring - also eine Institution, die sich ansieht, ob das Kindeswohl in Gesetzgebung und Verwaltung gewahrt wird. Vorbild könnte das Monitoring für die Rechte von Menschen mit Behinderung sein.

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