Insider berichten:
Fehlende Daten behindern EU-Zulassung von Sputnik
Bei der Zulassung des Corona-Impfstoffs Sputnik V in der EU hakt es nach Angaben von Insidern an fehlenden Daten. Die Hersteller des Vakzins haben es wiederholt versäumt, die für eine Zulassung als Standard angesehenen Daten bereitzustellen, sagten fünf mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Als die EMA mit der Beurteilung des russischen Vakzins im März begann, war die Zulassungsentscheidung für Mai oder Juni erwartet worden.
Anfang Juni musste die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) ihre Prüfung der Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs verzögern, da die bis zum 10. Juni gesetzte Frist für die Einreichung von Daten zu den klinischen Studien verpasst wurde. Die Probleme gingen aber über diese versäumte Frist hinaus, sagte eine der Personen mit Kenntnis des Verfahrens.
Bis Anfang Juni kaum Daten erhalten
Bis Anfang Juni habe die EMA etwa kaum Produktionsdaten erhalten. Zudem seien die klinischen Daten, die die Behörde erhielt, unvollständig gewesen. Darunter fehlten einem mit dem EMA-Verfahren vertrauten Insider zufolge Fallberichte über unerwünschte Impf-Nebenwirkungen in den Studien. Solche Dokumentationen seien Standard für Impfstoffentwickler. Der Person zufolge ist ebenfalls unklar, wie die Wissenschaftler des Moskauer Gamaleja-Instituts für Epidemiologie und Mikrobiologie die Daten jener Studienteilnehmer, die ein Placebo bekamen, ausgewertet haben.
Überprüfung nicht vor Ende des Sommers abgeschlossen
Die Daten-Defizite seien nicht als kritisch eingestuft worden, allerdings teilweise schwerwiegend, sagte der Insider. Das bedeute, dass einiges an Arbeit nötig ist, um sie zu beheben. Die Überprüfung werde wohl nicht vor Ende des Sommers abgeschlossen sein.
Im Vorfeld der EMA-Prüfung hatte ein französisches Forscherteam eine unabhängige Bewertung des russischen Vakzins vorgenommen. Demnach hätten die Impfstoffentwickler nicht dokumentieren können, dass die sogenannte Masterzellenbank (MCB) - der Grundbaustein des Impfstoffs - den EU-Vorschriften zur Verhinderung von Krankheitskontaminationen entspreche, sagten vier mit den Ergebnissen vertraute Personen.
„Nicht gewohnt, mit Behörde wie EMA zu arbeiten“
Mehrere Insider führten die wiederholten Versäumnisse, wichtige Informationen bereitzustellen, auf die mangelnde Erfahrung der russischen Wissenschaftler des Gamaleja-Instituts im Umgang mit ausländischen Aufsichtsbehörden zurück. „Sie sind es nicht gewohnt, mit einer Behörde wie der EMA zu arbeiten“, sagte einer der Insider. Das Gamaleja-Institut steht unter der Aufsicht des russischen Gesundheitsministeriums. Sowohl das Ministerium als auch der Kreml lehnten eine Stellungnahme ab.
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Sputnik V in mehr als 60 Ländern zugelassen
Sputnik V wird im Ausland von dem russischen Staatsfonds Russian Direct Investment Fund (RDIF) vermarktet. Der RDIF sagte, die Berichterstattung von Reuters enthalte „falsche und ungenaue Aussagen“ basierend auf anonymen Quellen, die versuchen würden, Sputnik V im Rahmen einer Desinformationskampagne zu schaden. Zudem werde der Impfstoff von der „westlichen Pharmalobby“ angegriffen. Das Vakzin sei in mehr als 60 Ländern zugelassen. Es seien „keine schwerwiegenden unerwünschten Nebenwirkungen gemeldet“ worden, fügte der Fonds hinzu. EMA-Inspektoren hätten Produktionsstätten besucht. „Bei den bereits abgeschlossenen Inspektionen haben wir keine größeren kritischen Aussagen erhalten und keiner der angesprochenen Punkte stellte die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs infrage.“
Eine der mit dem Zulassungsverfahren vertrauten Personen sagte, sie habe keinen Grund zu zweifeln, dass Sputnik ein sicherer und wirksamer Impfstoff sei. Einer im Februar in der medizinischen Fachzeitschrift „Lancet“ veröffentlichten Studie zufolge, erwies sich Sputnik zu gut 90 Prozent als wirksam.
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