Ex-Nationalratspräsident, schwarzes Urgestein, streitbarer Intellektueller: Andreas Khol wird heute 80. Er spricht über Macher von einst und jetzt, Siege und Niederlagen.
Andreas Khol öffnet gerade die Geburtstagspost, als ihn ein Anruf der „Krone“ erreicht. Der große Mann der ÖVP wird heute 80 Jahre alt. Der habilitierte Jurist hat an Schärfe und Klarheit nichts eingebüßt. Weder im Geist noch beim Formulieren.
„Krone“: Banale Frage: Wie fühlen Sie sich bei diesem Anlass?
Andreas Khol: Wenn man so alt wird, kriegt man nur noch freundliche Briefe. Es gibt auch eine Festschrift, das hat mich sehr berührt. Es gibt keine großen Feiern. Corona-bedingt. Ich feiere etappenweise. Mit der Familie, Menschen aus der Politik.
Werden Sie leiser treten?
Nein. Ich schreibe Gastkommentare, verfasse eine kleine Geschichte der Republik, wie ich sie seit 1955 beobachte. Ich gehe gerne in TV-Diskussionen. Je schärfer die Gegner, desto angenehmer die Diskussion.
Was waren die schönsten Erlebnisse?
Der Beschluss des Nationalrates zum Eintritt zur Union. Und das Nationalfondsgesetz für Entschädigungen jüdischer Menschen.
Die größten Niederlagen?
1995 war ich Favorit für die Nachfolge von Obmann Busek. Es wurde Wolfgang Schüssel. Heute weiß ich: Es war die richtige Entscheidung. Und die klar verlorene Bundespräsidentenwahl hat geschmerzt. Aber das Reisen und die Begegnungen mit so vielen Menschen, das war die schönste Zeit in der Politik.
Sie galten als streit- und angriffslustig ...
Ich hatte das Image das Sozifressers, aber als Seniorenbundsprecher habe ich mit Blecha gezeigt, dass man auch gut miteinander kann.
Die Gräben zwischen ÖVP und SPÖ gibt es seit der Ersten Republik. Sind die zu?
Ja. Abgesehen von tagespolitischen Debatten muss man sagen: Es gibt einen demokratischen Grundkonsens. Die Pandemie zeigt - in Zeiten der Not ist auf die Sozialdemokraten Verlass.
Im Ausschuss ging es weniger harmonisch zu ...
Der Ausschuss wurde zum Tribunal gegen den Kanzler. Auch wenn einige Dinge, die aufgedeckt wurden, unschön sind. Wie etwa die Chats um Druck auf die Kirche. Das hat mich sehr geschmerzt. Aber es wurde bis jetzt nichts Gesetzwidriges nachgewiesen. Fest steht: Wir müssen persönliche Daten besser schützen.
Sie haben viele Wichtige in der ÖVP kommen und gehen sehen. Wie ordnen Sie Kanzler Sebastian Kurz ein?
Ich habe 10 ÖVP-Obleute miterlebt. Kurz ist so wie Schüssel. Beide sind für mich herausragend. Beide haben unaufgeregt Reformen auf den Weg gebracht.
Sie gelten als Architekt von Schwarz-Blau I zwischen Schüssel und Haider. Das ist ebenso krachend gescheitert wie Variante zwei mit Strache ...
Gescheitert ist es in beiden Fällen an Streitereien in der FPÖ. Das zweite Experiment von Kurz habe ich auch voll unterstützt. Es war mit den Roten nur noch Streit. Und dann kam ja auch noch Ibiza.
Aktuell läuft es in der Koalition mit den Grünen auch nicht rund.
Das gehört dazu. Beide können damit umgehen. Die Grünen schlucken alles, was Migration betrifft, während die ÖVP aushält, dass im Ausschuss die Grünen sich wie eine Opposition verhalten. Ich glaube, die Regierung wird bis zur letzten Minute halten.
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