Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine wichtige Weiche für die mögliche Einführung eines digitalen Euro gestellt. Die Währungshüter beschlossen, das Projekt einer digitalen Version der Gemeinschaftswährung zu starten, wie die Zentralbank am Mittwoch in Frankfurt mitteilte. Diese Untersuchungsphase soll nun 24 Monate dauern. Dabei sollen zunächst Kernfragen wie die Ausgestaltung und die Verteilung eines digitalen Euro geklärt werden. Der soll das Bargeld in der Währungsunion angesichts der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung ergänzen. Doch noch bleiben Fragen über den Nutzen und mögliche Fallstricke.
Ein digitaler Euro müsse den Bedürfnissen der Europäer gerecht werden, erklärten die Währungshüter. Gleichzeitig müssten aber auch illegale Aktivitäten sowie negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität und die Geldpolitik ausgeschlossen werden. Die EZB und die nationalen Euro-Notenbanken hätten bereits neun Monate lang wichtige Vorarbeiten geleistet. Es seien weitere Analysen vorgenommen und Vorschläge von Bürgern und Experten eingeholt worden, und es habe einige Experimente mit ermutigenden Ergebnissen gegeben, sagte Notenbankchefin Christine Lagarde. „All dies hat uns zu der Entscheidung geführt, einen Gang hochzuschalten und das Digital-Euro-Projekt zu starten.“
Ein digitaler Euro, bisweilen auch „E-Euro“ genannt, soll im Prinzip eine elektronische Version von Euroscheinen und Centmünzen sein. Die Einführung würde bedeuten, dass Bürger und Unternehmen erstmals ein Guthaben direkt bei der EZB haben können. Das könnte womöglich sicherer sein als bei Geschäftsbanken oder das Geld bar zu horten.
Die EZB verspricht, dass mit einem digitalen Euro alltägliche Zahlungen „schnell, einfach und sicher“ sein sollen. Der Zugang soll kostenlos sein, Zahlungen könnten beispielsweise via Smartphone oder Karte erfolgen. Damit könnte die in Frankfurt am Main ansässige Zentralbank auch mit ausländischen Zahlungsdienstleistern wie Visa oder Mastercard und Diensten wie PayPal konkurrieren - in diesem Segment sind bisher keine starken europäischen Akteure präsent.
Zugleich hebt die EZB hervor, dass der digitale Euro das Bargeld ergänzen und keinesfalls ersetzen soll. Wie genau die technische Umsetzung aussehen soll, lotet die EZB noch aus.
Zunehmende Abkehr vom Bargeld
Die Coronapandemie hat der zunehmenden Abkehr vom Bargeld einen weiteren Schub verliehen, wobei vor allem in Österreich die Menschen noch vergleichsweise gern mit physischen Scheinen oder Münzen zahlen. Außerdem will es die EZB vermeiden, bei digitalen Währungen zurückzufallen - nicht nur mit Blick auf die Kryptowährung Bitcoin, sondern auch auf Projekte wie Facebooks Komplementärwährung Diem, vormals als Libra bekannt.
Auch den Anschluss an andere Zentralbanken, die ebenfalls Digitalwährungsprojekte an den Start gebracht haben, will die EZB nicht verlieren. Denn wenn viele Menschen ihr Geld in Digitalwährungen außerhalb der Einflusssphäre der Euro-Notenbanker stecken, könnte dies theoretisch sogar Auswirkungen auf die Wirksamkeit der geldpolitischen Maßnahmen der Währungshüter haben.
Sogenannte Central Bank Digital Currencies (CBDC) spielen unter anderem für die Zentralbanken in den USA, in Großbritannien, China und Japan eine Rolle.
Obergrenze für Digitaleuros wahrscheinlich
Wenn viele Bürgerinnen und Bürger statt auf klassische Konten verstärkt auf den digitalen Euro setzen, könnte das wiederum die Privatkundenbanken in der Eurozone schwächen. In Krisenzeiten könnte dieses Risiko nochmals ansteigen, wenn Sparer einen möglichst sicheren Hafen für ihr Geld suchen.
Um dieses Risiko oder gar einen „Bank Run“ - also einen Kundenansturm auf die Banken - zu vermeiden, gilt es als wahrscheinlich, dass die EZB die Menge an Digitaleuros begrenzt, die Verbraucherinnen und Verbrauchern in ihren virtuellen Geldbörsen halten können. EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta hat eine Grenze von rund 3000 Euro ins Spiel gebracht.
Nutzer größte Herausforderung
In Betracht ziehen wird die EZB überdies, welche Anforderungen an den Datenschutz nötig sind und wie sich Geldwäsche verhindern lässt. Die womöglich größte Herausforderung könnte nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Analystin Heike Mai sein, wie sich Nutzer davon überzeugen lassen, zu einer neuen Bezahlmethode zu wechseln, die sich von den existierenden kaum unterscheidet.
Erste Vorbereitungen zur potenziellen Einführung sind bereits abgeschlossen, die nächste Phase, bei der die konkrete Ausgestaltung im Fokus steht, dauert nun vermutlich rund zwei Jahre. Panetta sagte der „Financial Times“, wenn das Projekt dann grünes Licht bekomme, würde es vermutlich nochmals drei Jahre bis zur Einführung dauern. Das heißt: Vor 2026 kommt der digitale Euro wohl nicht.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.