Nach einem aktuellen Gerichtsurteil ist der Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber künftig leichter. Das heißt aber nicht, dass er für sie völlig frei ist: Auflagen sind zu erfüllen.
Asylwerber waren hierzulande zumeist gefangen, irgendwo zwischen dem Generalverdacht „Die sind faul, die tun nix, die sollten sich einen Job suchen“ und dem Fakt, dass sie Letzteres tatsächlich nur schwer bis gar nicht tun konnten. Denn entsprechende Erlässe ließen Beschäftigungsbewilligungen für sie nur bei befristeten Beschäftigungen in der Saisonarbeit oder der Erntehilfe zu. Erlässe, die wohlgemerkt seit Jahren nicht nur von NGOs kritisiert wurden, sondern sich auch mit dem geltenden Europarecht nie ganz vereinbaren ließen.
Richtungsweisende Entscheidung
Doch alles blieb, wie es war – bis jetzt der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die richtungweisende Entscheidung traf und sie als gesetzeswidrig aufhob. Nun können Asylwerber in allen Bereichen beschäftigt werden – zumindest theoretisch, denn das Arbeitsministerium prüft offenbar bereits neue Regeln für die alte Praxis.
Den Verfassungsgerichtshof bemüht hatte Anwältin Michaela Krömer: Ihre Mandantin in dem Fall, eine Tiroler Spenglerei, war einst bei ihrer Suche nach einem geeigneten Mitarbeiter auf einen Mann aus Pakistan gestoßen. Und der wollte auch arbeiten - was das Arbeitsmarktservice (AMS) damals aber mit Verweis auf die nun gefallenen Erlässe abgelehnt hat. Jetzt kann der Pakistani die Stelle annehmen - und würde dabei auch keinem anderen den Job streitig machen.
„Wir freuen uns über das Urteil. Arbeit ist eine Möglichkeit, Betroffene gut zu integrieren. Und freier Zugang zum Arbeitsmarkt heißt hier ja nur, dass sie, wenn sie alle Auflagen erfüllen, den Job bekommen können."
Anwältin Michalea Krömer
Denn, so die Anwältin, er hätte ja ohnehin die sonst noch geltenden Auflagen erfüllt. Dazu gehört u. a., dass kein anderer inländischer bzw. EU-Bürger für die Stelle geeignet ist. Und das scheint nicht so selten der Fall zu sein angesichts des ständigen Fachkräfte-Mangels in der Wirtschaft.
Sicherheit bis zum Lehrabschluss
Krömer hatte schon einmal erreicht, dass ein Asylwerber Lehrling sein darf: „Danach meldeten sich viele weitere Betriebe, die gerne Asylwerber aufgenommen hätten.“ Die Rede ist dabei von einem Tischerleibetrieb in Oberösterreich - das Ehepaar Krpecek brachte im Jahr 2018 den Fall eines Asylwerbers, der nicht arbeiten durfte, vor Gericht.
„Uns freut das Urteil sehr, und hoffentlich bleibt der Arbeitsmarkt auch offen. Das hilft den Betrieben, den Leuten und dem Land.“
Tischlerei-Chefin Michaela Krbecek
„Er ist tüchtig, engagiert und bemüht sich, Deutsch zu lernen. Natürlich ist es für beide Seiten schwierig. Aber es lohnt sich“, blickt Michaela Krbecek positiv auf den mühseligen Prozess zurück. Doch das Damoklesschwert Abschiebung droht weiter. Der Asylbescheid für den Afghanen ist negativ ausgefallen, er ist nur noch bis zum Ende der Lehrzeit geduldet.
„Sinnvoll“ und „wichtig“ oder „schwerer Schlag“?
Der Zugang zum Jobmarkt ist laut den Grünen „ein wichtiger Hebel zu finanzieller Eigenständigkeit und sozialer Integration“. Die SPÖ plädiert für strikte Trennung von Flucht- und Arbeitsmigration. Es mache aber Sinn, wenn man während langer Wartezeit auf den Asylbescheid eine Ausbildung, einen Sprachkurs mache und später auch arbeiten könne. Für die Neos ist das Urteil angesichts vieler offener Stellen „überaus wichtig“.
„Das Urteil ist ein ganz großer Erfolg, weil damit die Möglichkeiten für eine gute Integration stark verbessert werden. Das ist im Interesse der Betroffenen und unserer ganzen Gesellschaft."
Rudolf Anschober (Grüne), ehemaliger Gesundheitsminister
Die FPÖ sieht darin hingegen einen „schweren Schlag“, sie fordert eine „sofortige Reaktion“ vom Arbeitsminister.
Entscheidung ist ein „Weg aus der Steinzeit“
„Wir freuen uns, wenn nun Schutzsuchende schon während des Asylverfahrens einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen dürfen“, so die Asylkoordination: „Statt von staatlicher Hilfe abhängig zu sein - was viele als entwürdigend erleben - besteht jetzt die Möglichkeit, sich selbst zu erhalten.“
Für SOS Mitmensch ist das Urteil ein „Weg aus integrationspolitischer Steinzeit“: „Wer hier lebt, soll hier arbeiten, eine Lehre machen können, auch und gerade während langer Asylverfahren.“ Laut Caritas sollte der Jobmarkt-Zugang für Asylwerber generell neu überdacht bzw. geregelt werden.
Und die Wirtschaftskammer verwies darauf, in puncto Asylwerber und Lehre bereits „auf die Notwendigkeit pragmatischer Lösungen verwiesen“ zu haben - „im Sinn der Ausbildungsbetriebe und der Lehrlinge“.
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