„Das Buch, von dem Facebook nicht will, dass Sie es lesen!“: Nach 15 Jahren intensiver Recherche decken zwei Autorinnen auf, wie der Internet-Gigant Politik, Gewalt und Privatleben beeinflusst - mit verheerenden Folgen für Privatsphäre und Demokratie.
Die beiden US-Journalistinnen Cecilia Kang und Sheera Frenkel mussten nicht lange nach Insidern suchen, die über die geheimen Tricks von Facebook berichten. 400 Personen interviewten die Reporterinnen, und teilweise waren sogar aktuelle Mitarbeiter dabei, die aus dem Nähkästchen plauderten. „Sie wollen nur, dass Facebook besser wird“, erklärt Frenkel in einem „Spiegel“-Interview.
Im Buch „Inside Facebook – Die hässliche Wahrheit“ (S. Fischer Verlag, 27,40 Euro) decken die beiden Autorinnen auf, dass die Unstimmigkeiten bereits bei den 16.744 Entwicklern anfangen. Sie haben Zugriff auf die intimsten Daten von über 3,5 Milliarden Nutzern. Die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram sowie die Nachrichtendienste WhatsApp und Messenger gehören zur Firma Facebook Inc. mit Sitz im kalifornischen Silicon Valley.
Datenmissbrauch für romantische Interessen
Die Entwickler nutzen ihre Position, um Frauen für romantische Interessen auszuspionieren. Zwischen Jänner 2014 und August 2015 wurden insgesamt 52 Angestellte wegen Datenmissbrauch entlassen. Ein Facebook-Ingenieur nutzte seine Zugriffsrechte, um den Standort einer Frau ausfindig zu machen. Er wollte sie nach einem Streit zur Rede stellen.
Alex Stamos, der damalige Sicherheitschef, warnte sogar davor, dass es zu Hunderten solcher Übertritte kam, die aber durchgerutscht sind. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg selbst entwarf das Datenzugriffssystem. Die beiden Autorinnen beschreiben den Milliardär als Alleinherrscher. Es gibt kaum eine Entscheidung, die nicht über seinen Schreibtisch geht.
Ein weiterer Kritikpunkt: Im US-Wahlkampf 2020 ließ Zuckerberg selbst zu, dass Politiker Falschinformationen auf ihren Facebook-Konten veröffentlichen dürfen. Während der Internet-Gigant in den USA seit geraumer Zeit Hasskommentare löscht, wurden solche Beiträge in Myanmar zugelassen. Es kam zum Genozid an den Rohingya. In Äthiopien gab es Gewaltaufrufe mit Toten.
Ob „Inside Facebook“ zu einem Umdenken im Unternehmen führt, ist fraglich. Schließlich ist es nicht das erste Buch, das die manipulative Wirkung aufdeckt.
Wer sich unbedingt selber im Netz präsentieren will, kommt um die ganz großen Plattformen wie Facebook, Instagram oder TikTok auch weiterhin nicht herum. Sämtliche Konkurrenten verblassen im Vergleich. Wo es sehr wohl Ausweichmöglichkeiten gibt, ist im Bereich der Messenger - hier muss es nicht unbedingt immer WhatsApp sein.
Signal, Threema oder Telegram bieten „selbstzerstörende“ Nachrichten an und speichern kaum Nutzerdaten, sind aber nicht so verbreitet wie WhatsApp. Für alle Plattformen gilt: Ist ein Produkt gratis, so ist man selber das Produkt.
„Daten werden weitergegeben“
Max Schrems wehrte sich gegen die Taktiken von Facebook mit einer Sammelklage. Der Datenschutzexperte von der NGO noyb.eu kennt die Tricks.
„Krone“: Kann man sich Facebook entziehen?
Max Schrems: Vielleicht Facebook, aber zu dem Konzern gehört inzwischen auch WhatsApp oder Instagram. Durch den Netzwerkeffekt ist es oft schwer, da nicht mitzumachen, wenn man mit Freunden, in der Arbeit oder im Verein vernetzt sein will.
Der Konzern argumentiert, dass die Daten nicht verkauft werden.
Die Nutzung an den Daten wird fix an Dritte verkauft, auch wenn Facebook die Rohdaten behält und monopolisiert.
Sollte sich Facebook mehr inhaltlich einmischen? Zum Beispiel bei Gewaltaufrufen?
Es gibt hier sicher eine Mitverantwortung von Facebook. Gleichzeitig ist aber auch die Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und illegalen Aufrufen nicht ganz trivial und je nach Land verschieden. Um das ordentlich zu machen, müssten die Plattformen massiv mehr Geld investieren, das sie bisher lieber einsparen.
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