Das mysteriöse „Havanna-Syndrom“, das zumeist US-Diplomaten in Kuba befällt, hat einen neuen Hotspot: Ausgerechnet in Wien beklagen immer mehr US-Regierungsbeamte „unerklärliche Gesundheitsvorfälle“, die von Hör- und Sehproblemen über Benommenheit bis hin zu Kopfschmerzen reichen. Der Direktor der CIA soll diese Vorfälle in privaten Gesprächen als „Angriffe“ bezeichnet haben, wie das Magazin „The New Yorker“ berichtete.
Außer in Kubas Hauptstadt Havanna, die dem rätselhaften Krankheitsbild seinen Namen gab, gibt es keine andere Metropole, in der so viele Fälle des Syndroms gemeldet wurden, so das US-Magazin. Die genaue Ursache der Beschwerden ist unklar - weil sich die Vorfälle verdoppelt hätten, versucht der Geheimdienst CIA einmal mehr, dem Ursprung auf den Grund zu kommen.
Ein CIA- Sprecher erklärte, dass sich der Direktor der Behörde, William Burns, „persönlich um das Personal kümmere, das von den anomalen Gesundheitsvorfällen betroffen ist, und sich sehr für deren Betreuung und die Ermittlung der Ursache dieser Vorfälle einsetzt“. Die Fälle habe Burns privat als „Angriffe“ anstatt als „Vorfälle“ bezeichnet.
Experte: Wie „eine Gehirnerschütterung ohne Gehirnerschütterung“
Das „Havanna-Syndrom“ tauchte erstmals in den Jahren 2016 und 2017 auf: Diplomaten berichteten von eigenartigen Klang- und Druckempfindungen in ihren Köpfen - die Beschwerden schienen sie bis nach Hause in ihre Wohnungen und Hotelzimmer zu verfolgen. Einige beschrieben das Gefühl, als würden sie in einem unsichtbaren Energiestrahl stehen. Viele litten auch unter Lähmungserscheinungen und Schwindelgefühlen.
Forscher untersuchten Patienten mittels modernster MRT-Verfahren, konnten jedoch keine Hinweise für eine physische Ursache der Beschwerden finden. Es schien, als hätten sie „eine Gehirnerschütterung ohne Gehirnerschütterung“, so ein Experte zum „New Yorker“. Es seien Anzeichen von Gehirnschäden festgestellt worden.
Eine Theorie von Top-Beamten: Die Russen könnten für die mysteriösen Beschwerden verantwortlich sein. Geheimdienstagenten sollen mit Mikrowellen-Strahlung US-Beamte angreifen, um möglicherweise Daten von Computern oder Smartphones zu stehlen. Die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Opfer sollen dabei eine Nebenwirkung sein. Bislang gelang es jedoch nicht, konkrete Beweise für diese Theorie zu finden.
Bietet Wien ausländischen Spionen gute Arbeitsbedingungen?
Nicht nur in Wien, auch in Moskau oder in China wurde von Fällen berichtet - sogar Mitarbeiter des Weißen Hauses berichteten während eines Staatsbesuchs von Ex-Präsident Donald Trump in London von Symptomen. Wien könnte jedoch für Spione ein besonders angenehmes Umfeld für solche Angriffe bieten: „Wenn man in Wien gegen andere Regierungen spioniert, wird man in Ruhe gelassen. Das gefällt allen“, erklärte Siegfried Beer, der Gründer des Austrian Center for Intelligence, Propaganda, and Security Studies dem US-Medium. „Das ist der Grund, warum Spione, wenn sie entdeckt werden, schnell wieder verschwinden.“
Nach einer Untersuchung des FBI kam die Behörde zu dem Schluss, dass die Havanna-Patienten möglicherweise unter einer psychogenen Massenerkrankung leiden: Eine Personengruppe, die glaubt, dass sie einer Gesundheitsgefahr ausgeliefert ist, tatsächlich anfängt, sich krank zu fühlen. Diese Erkenntnis machte viele Betroffene wütend: Viele Patienten hätten gar nicht gewusst, dass es auch andere Betroffene gebe, oder hätten die körperlichen Symptome gar nicht vortäuschen können.
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