König Lars

Jedermann trotzte erfolgreich dem Buhlschaft-Hype

Salzburg
18.07.2021 00:10

Bravo, bravo, bravo. Der Applaus ist verklungen - wie so oft im Großen Festspielhaus statt auf dem wieder einmal verregneten Domplatz. Es darf gefeiert werden. Regisseur Michael Sturminger hat es mit seinem „Dream Team“ Lars Eidinger (Jedermann) und Verena Altenberger (Buhlschaft) sowie einem grandiosen Ensemble geschafft, nicht nur den „Jedermann“, sondern die ganzen Festspiele erfolgreich in ihr zweites Jahrhundert zu führen.

Durchdacht und gefällig inszeniert
Die 730. „Jedermann“-Aufführung war eine, die nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird. Durchdacht und gefällig inszeniert, mit hervorragenden Schauspiel-Leistungen, insbesondere auch von Edith Clever (Tod), Angelika Winkler (Jedermanns Mutter) und Mirco Kreibich (Schuldknecht). Eine feine Mischung zwischen traditionellen und modernen Bildern, Nachdenklichkeit und Witz (wie in der wunderbaren Boxring-Szene zwischen Jedermann und Schuldknecht).

(Bild: ANDREAS TROESTER)

Salzburg hat seinen ersten König
Das Schauspielprogramm der Salzburger Festspiele wartet heuer von Maria Stuart bis Richard III. mit einer Reihe gekrönter Häupter auf. Einen König hat es mit Lars Eidinger, dem 20. Jedermann der Festspiel-Geschichte, schon jetzt. Das Stück wird vom bravourösen Bühnenprofi getragen. Ein ums andere Mal zieht er das Theaterpublikum in seinen Bann - weit mehr als der Vorgänger und TV-Star Tobias Moretti. Vieles, worüber im Vorfeld wild spekuliert wurde, verblasste ob seiner darstellerischen Leistung. Eine kurzhaarige Buhlschaft, ein Jedermann in Absatzschuhen, Geschlechterrollen, Genderfluidität (was immer das sein mag) - alles zuvor in den Medien endlos gehypt, aber letztendlich irrelevant. Ein Mann und eine Bühne, mehr braucht es auch in einer modernen Inszenierung des 21. Jahrhunderts nicht.

Die Buhlschaft - zwischen Führungs- und Nebenrolle
Auch von einer Buhlschaft „auf Augenhöhe“ war zuvor ausschweifend die Rede gewesen. Das war die Salzburgerin Verena Altenberger - nicht nur aufgrund der bekannt kargen Textmenge - nicht. Zwar übernahm sie in den gemeinsamen Szenen mit Eidinger gern die Führung und das Bühnenpaar harmonierte wie vorhergesagt prächtig, aber die Buhlschaft blieb letztlich das, was sie im „Jedermann“ ist: eine Nebenrolle, die mit Kleiderwahl und Frisurentrend abseits der Bühne für mehr Wirbel sorgt als auf derselben.

Fazit: Die gelungene Neuinszenierung brachte auf allen Ebenen viel frischen Wind auf die Bühne, aber auch eine altbekannte Erkenntnis. Im „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ ist und bleibt Hugo von Hofmannsthals Kernbotschaft um die essenziellen Fragen im Angesicht des Todes der wahre Star, der allen Hypes und zeitgeistigen Anwandlungen erfolgreich trotzt.

Porträt von Thomas Manhart
Thomas Manhart
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