Kassenarzt verzweifelt gesucht! Das gilt immer öfter und in immer mehr Tiroler Orten. Aktuell sind 27 Stellen ausgeschrieben, einige laut Ärztekammer zum 20., 30. oder 50. Mal. Viele Fachärzte fehlen - in St. Johann seit sechs Jahren ein Kinderarzt. Der Bezirk Kitzbühel hat zudem keinen Psychiater mit Kassenvertrag mehr.
Es ist paradox: Immer noch mehr junge Leute drängen ins Medizin-Studium. In Innsbruck findet am Mittwoch der Aufnahmetest statt. 3500 Bewerber für 400 Studienplätze. Ein Trend, der schon viele Jahre anhält.
Lücken in fast allen Tiroler Bezirken
Gleichzeitig finden Österreichs Gesundheitskassen immer weniger Mediziner, die einen Kassenvertrag übernehmen wollen. Dabei gibt es laut Zählungen genug Ärzte pro Einwohner. Und dennoch: 27 offene Stellen sind aktuell in Tirol ausgeschrieben. Die allermeisten zum wiederholten Male, wie die Ärztekammer vorrechnet: Seit 2015 wird in St. Johann ein Kinderarzt gesucht, 51 (!) Ausschreibungen sind es mit der aktuellen. In Wörgl fehlt seit 2017 ein Gynäkologe mit Kassenvertrag (31 Ausschreibungen), in Reutte seit 2018 ein Dermatologe (26 Ausschreibungen). „Lange Zeit war nur vom Fehlen klassischer Hausärzte in Tälern die Rede. Doch es mangelt auch an Fachärzten in größeren Gemeinden. Viele wollen sich einen Kassenvertrag nicht mehr antun und bleiben lieber Wahlarzt“, lautet die Diagnose von Tirols Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger.
Kassenärztemangel chronisches Leiden
Der Kassenärztemangel wächst sich zum chronischen Leiden aus. Die Patienten zahlen drauf – im wahrsten Wortsinn. Denn oft bleibt nur mehr ein Wahlarzt als Anlaufstelle. So wie in Kitzbühel, wo laut Ärztekammer seit April kein einziger Psychiater mehr mit Kassenvertrag ordiniert. Die Fächer Augenheilkunde, Dermatologie, Gynäkologie, Kinderheilkunde und Psychiatrie sind in einigen Regionen andauernd unterversorgt.
Ein Vertrag für jeden
Was also tun? Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), will jedem Arzt einen Kassenvertrag anbieten, Wahlärzte stärker in die Pflicht nehmen und Studienanwärter beim Uni-Zugang vorreihen, wenn sie sich zur Übernahme einer Landarztstelle verpflichten.
„Kassenarzt wie früher ist ein Auslaufmodell“
Für Wechselberger der falsche Weg: „Der Kassenarzt, wie wir ihn von früher kenne, ist ein Auslaufmodell. Es braucht neue Konzepte.“ Der Ärztechef fordert (einmal mehr) flexiblere Zusammenarbeitsformen, höhere Honorare, weniger Bürokratie. Kassen und Politik seien gefordert. Auch die in Tirol immer noch nicht umgesetzten Primärversorgungszentren sieht Wechselberger als Beispiel für fehlende Kreativität. Die Leidtragenden sind die Patienten.
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