Das Urteil an der Tür: „Ihr seid zu dick!“ Wie berichtet, wurde den Schwestern Vivi und Liza S. der Einlass in Martin Hos Disco „Vie i Pee“ verwehrt. Nach dem „Krone“-Bericht erfahren die beiden gerade eine Welle des Zuspruchs - und machen vielen Mut. Dicke Luft herrscht im Club selbst: von Boykottaufrufen bis Beschwerden.
„Ihr seid zu dick, das passt nicht zum Image des Clubs“ - diese Demütigung mussten die Wiener Schwestern vergangenen Mittwoch vor dem „Vie i Pee“ über sich ergehen lassen. „Ich war so geschockt“, beschreibt die 20-jährige Liza. Auch Freundin Jessi, die mit dieser Aussage nicht gemeint war, konnte es nicht fassen: „Das war einfach nur menschenverachtend“, betont sie.
Doch das wollten sie nicht auf sich sitzen lassen, also kontaktierten sie die „Krone“, um „auch anderen Frauen in solchen Situationen Mut zu machen“. Und das hat geklappt: Der Artikel löste eine Welle des Zuspruchs aus. „Das sind zwei bildhübsche Mädchen, und nicht nur dünn ist schön“, schreibt etwa ein User. Eine andere Leserin meint: „Also, auf die Meinung der Security muss man nicht besonders viel Wert legen.“
„Viele Trottel in der Branche“
Schockiert über „die vielen Trottel in der Branche“, zeigte sich auf Twitter übrigens der In-Club „U4“ und lud die „feschen Mädls“ gleich auf eine Flasche Sekt ein. In zahlreichen Kommentaren wird sogar dazu aufgerufen, das „Vie i Pee“ zu boykottieren. Doch es gibt auch jene Leser, die auf das Hausrecht des Besitzers pochen: „Als Eigentümer kann ich selbst entscheiden, welche Personen ich reinlasse“, heißt es da etwa.
Dass Martin Ho in seinem „Vie i Pee“, dessen Name laut eigener Presseaussendung aus dem Jahr 2015 mit „der Extravaganz und Oberflächlichkeit der Wiener Partyszene spielt“, keine „dicken“ Frauen haben möchte, hat der Clubmanager Chris Edy immerhin nach Veröffentlichung unseres Artikels entschieden zurückgewiesen: „Das ,Vie i Pee‘ bedauert, dass der Eindruck entstanden ist, dass nach optischen Gründen entschieden wurde. Die angeblich getätigten Aussagen des Personals sind uns nicht bekannt. Wir distanzieren uns inhaltlich entschieden davon.“
Übrigens: Aus dem Steuertopf hat Martin Hos „Vie i Pee“ 267.000 Euro an Corona-Hilfen erhalten. Hier durften sich alle beteiligen - auch jenseits der Kleidergröße 34.
Expertinnen sind sich einig: „Schönheitsdruck bei Frauen wird bleiben“
Auch wenn die betroffenen Schwestern von der Öffentlichkeit größtenteils Zuspruch erhalten, kann diese Art der Diskriminierung weitreichende Folgen haben. Dazu haben wir die Wiener Psychologin Karla Göschl-Kraemer und die Kulturwissenschafterin Elisabeth Lechner befragt. Denn es gibt zwar bereits beliebte Übergrößen-Models, doch der Weg, bis alle Frauen unabhängig von ihrem äußeren Erscheinungsbild akzeptiert werden, ist noch weit.
„Den Schönheitsdruck haben wir noch lange nicht hinter uns“, weiß die Autorin und Körperakzeptanz-Expertin Elisabeth Lechner. Menschen werden noch immer aufgrund ihres Aussehens beurteilt. „Wer den Normen nicht genügt, wird abgewertet oder eben konkret nicht in den Club gelassen“, so Lechner weiter. Und das kann Folgen haben. „Der Selbstwert wird vermindert, das wiederum führt zum Erleben negativer Emotionen. Das kann bei entsprechender Veranlagung sogar zu psychischen Erkrankungen wie Essstörungen oder Depressionen führen“, weiß Psychologin Karla Göschl-Kraemer.
Daher ist es sehr wichtig, den Betroffenen von Diskriminierung aufgrund ihrer Figur zuzuhören. „Nur wer versteht, wie einschränkend und verletzend diese Hürden für jene Menschen sind, kann dabei helfen, sie abzubauen“, rät Lechner. Und: „Personal muss besser geschult werden, um Diskriminierung auszuschließen“, betont Göschl-Kraemer.
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