Zwei Bundesländer preschten bei der Impfpflicht bereits vor: In Wien müssen neu eingestellte Kindergartenpädagogen eine Corona-Impfung nachweisen, Niederösterreichs Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister will eine Impfpflicht für alle neuen, der ÖVP-Wirtschaftsbund gar für alle Lehrer. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ist zurückhaltend. Klar ist: Eine einheitliche Lösung ist aufgrund der vielfältigen Zuständigkeiten unrealistisch.
„Ich bin für eine Impfpflicht für PädagogInnen. Es gehören die geschützt, die nicht geimpft werden können: die Kinder.“ Klare Worte einer Praktikerin – einer Volksschullehrerin – in einer von Politikern schwammig geführten Debatte. Sie pocht auf die Verantwortung der Lehrer: „Sollten da nicht gerade wir als Vorbilder für die Kinder fungieren?“
„Ihre“ Standesvertretung ist zurückhaltender: „Die Impfung auf freiwilliger Basis hat gut funktioniert“, sagt Lehrergewerkschafter Thomas Krebs. Zwischen 75 und 80 Prozent der Pädagogen hätten sich Schätzungen zufolge impfen lassen, genaue Zahlen gibt es nicht. Krebs selbst sei „klarer Befürworter der Impfung, aber gegen jeden Zwang“.
Weitreichende Maßnahmen vor Schulbeginn gefordert
Für ein sicheres Schuljahr will er, wie auch Unterrichtsminister Faßmann, flächendeckende Tests in den ersten zwei Wochen nach den Ferien. Danach solle es punktuelle Tests geben und strengere Regeln, etwa eine Maskenpflicht, wo notwendig. Verschärfungen will auch die Schülervertretung dort, wo „die Zahlen steigen oder die Impfrate niedrig ist“, sagt Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek.
SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler fordert unter anderem, die Aktion „Alles gurgelt!“ auf ganz Österreich auszuweiten sowie eine Vollimmunisierung aller impfbereiten Zwölf- bis 15-Jährigen vor Schulstart.
„Die überzeugen, die einen nicht mögen“
Politisch ist das Vorgehen der Schülerunion nachvollziehbar, denn: „Die Diskussion ist von Beginn an verkorkst. Eine Impfverpflichtung wurde sehr früh zum Tabu- beziehungsweise Kampfbegriff“, sagt Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Er erinnert an den steirischen Landeschef Hermann Schützenhöfer (ÖVP), der als Erster von einer Impfpflicht gesprochen und nach Kritik verkündet hatte, den Begriff „nicht mehr in den Mund zu nehmen“.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner spricht sich gegen eine Pflicht, aber für ein Anreizsystem aus. Auch Filzmaier hält das für sinnvoller, aber: „Die Belohnungen müssten auf verschiedene Gruppen abgestimmt sein - das ist schwer umsetzbar.“ Außerdem habe die Regierung das Problem, dass sie nicht ihre Wähler überzeugen muss, sondern die, „die einen nicht mögen“.
Die fühlen sich vielfach von der FPÖ vertreten: „Wir lehnen eine Impfpflicht ab. Wichtig ist es, mit möglichen Symptomen zu Hause zu bleiben. Da vertraue ich auf die Verantwortung unserer Lehrer“, sagt Generalsekretär Michael Schnedlitz.
Bildungsminister Faßmann gibt sich in der Thematik zurückhaltend, er wolle keine „Lex specialis“ - ein Sondergesetz - nur für eine Berufsgruppe machen. Das gibt es aber bereits: Im Gesundheitsbereich sind Impfnachweise für Personal abseits von Covid-19 üblich, etwa für Masern, Mumps, Röteln, Windpocken oder Hepatitis. In Wien müssen neue Mitarbeiter in Spitälern eine Covid-Impfung haben, in Niederösterreich soll das ab 1. September gelten.
Rein rechtlich wäre eine Impfpflicht umsetzbar, sagt Kärntens Rechtsanwaltskammer-Chef Gernot Murko: „Bei Berufsgruppen mit hoher Verantwortung gegenüber anderen Menschen - etwa im Gesundheitsbereich oder bei Lehrern - wird man sich etwas überlegen müssen, um die Schwächeren vor Infektionen zu schützen“, gibt er der Praktikerin recht.
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