Wortreich und redegewandt hat sich am Mittwoch ein mutmaßlicher Islamist vor einem Schöffensenat am Wiener Landesgericht zum Vorwurf der terroristischen Vereinigung und Terrorismusfinanzierung „nicht schuldig“ bekannt. Das souveräne Auftreten des 30-Jährigen war kein Zufall. Der mutmaßliche Terrorist absolviert eine Schauspielausbildung und trat in der Vergangenheit bereits auf zwei Wiener Theaterbühnen auf.
Dem Mann mit türkischen Wurzeln wird vorgeworfen, sich am Versuch beteiligt zu haben, den kurdischen Salafisten und IS-Getreuen Halis Bayancuk alias Ebu Hanzala im deutschsprachigen Raum bekannter zu machen, indem er dessen Predigten, Vorträge und Flyer ins Deutsche übersetzte und verbreitete. Er soll außerdem für Hinterbliebene von getöteten Kämpfern der radikal-islamistischen Terror-Miliz IS Spenden gesammelt haben.
Hatte Kontakt zu Umfeld von Wien-Terrorist
Außerdem hatte der Angeklagte 2018 Kontakt zum engeren Umfeld des späteren Attentäters von Wien, der am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt vier Menschen erschossen hat. Laut Anklage chattete er im Frühjahr und Sommer 2018 intensiv mit einem IS-Anhänger. Es war der gleiche, mit dem sich Wien-Terrorist Kujtim F. im darauffolgenden Herbst auf den Weg nach Syrien machte, um sich dem IS anzuschließen.
Die beiden wurden allerdings bald darauf in der Türkei aufgegriffen, festgenommen, nach Österreich zurückgeschickt und 2019 rechtskräftig verurteilt.
Kannte Attentäter „vom Flyer-Verteilen“
Der Angeklagte stellte die Chats nicht in Abrede, betonte jedoch, er habe die beiden IS-Anhänger nicht in ihren Reiseplänen bestärkt. Der ihm unterstellte psychische Tatbeitrag habe nicht stattgefunden, die beiden wären ohne ihn abgereist. Er habe die beiden - also auch den späteren Attentäter - „von der Straße, vom Flyer-Verteilen gekannt“.
Kujtim F. habe er „2017, 2018 auf der Straße kennengelernt“, jedoch nur oberflächlich. Mit dessen Reisebegleiter - dieser sitzt seit dem Terror-Anschlag als möglicher Mitwisser oder Mittäter in U-Haft - habe er dagegen „im Jahr ungefähr fünfmal Kontakt gehabt“.
Die Verhandlung wurde am Nachmittag zur weiteren Beweisaufnahme vertagt. Nächster Termin ist der 12. Oktober.
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