"Unsinn!"
Plagiatsvorwürfe: Guttenberg denkt nicht an Rücktritt
Laut dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hat Guttenberg eine Ausarbeitung vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, die er 2004 als CSU-Abgeordneter selbst in Auftrag gegeben hatte, beinahe unverändert in seine Doktorarbeit übernommen. Die SPD forderte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zu einer raschen Klärung des Vorgangs auf. "Es entsteht der Eindruck, dass Teile der Doktorarbeit von Ghostwritern in der Bundestagsverwaltung geschrieben wurden", erklärte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. "Die Öffentlichkeit hat Anspruch darauf zu erfahren, ob der Wissenschaftliche Dienst zu Privatzwecken eingesetzt wurde und Guttenberg seine Promotion auf Kosten der Steuerzahler geschrieben hat."
Guttenberg hatte in seiner Promotionsarbeit den Wissenschaftlichen Dienst als Sekundärquelle für eigene Vorträge zitiert, an einer Stelle auch als Primärquelle. Noch am Mittwoch hatte er betont: "Sollte jemand auf die Idee kommen zu behaupten, Mitarbeiter meines Büros hätten an der wissenschaftlichen Erarbeitung meiner Dissertation mitgewirkt, stelle ich fest: Dies trifft nicht zu."
Mehrheit der Deutschen gegen Rücktritt
Guttenberg sagte, es sei nicht seine Aufgabe zu bewerten, was der Vorgang für seine Glaubwürdigkeit und Autorität bedeute. "Aber beidem gerecht zu werden bleibt mein Anspruch", sagte er. In einer Umfrage des Emnid-Instituts für das Magazin waren 68 Prozent der Befragten gegen einen Rücktritt Guttenbergs wegen der Plagiatsvorwürfe um seine Doktorarbeit, nur 27 Prozent waren dafür. 52 Prozent der Deutschen sehen allerdings Guttenbergs Glaubwürdigkeit durch die Plagiatsvorwürfe sehr wohl beschädigt. Zudem sprechen sich 47 Prozent dafür aus, dass der Minister seinen Doktortitel zurückgibt. Dennoch sind zugleich 58 Prozent der 500 Befragten weiterhin der Meinung, dass Guttenberg kein Schwindler sei.
Der CSU-Politiker hatte am Freitag Fehler in seiner umstrittenen Dissertation eingeräumt, den Plagiatsvorwurf aber "mit allem Nachdruck" von sich gewiesen. Bis zum Abschluss der Untersuchungen durch die Universität Bayreuth will der Minister auf die Führung des Doktortitels verzichten. Guttenberg wird zur Last gelegt, zahlreiche Passagen seiner Doktorarbeit aus Werken anderer Autoren kopiert zu haben. Im Internet werden im Wiki GuttenPlag inzwischen über 200 Seiten der Dissertation aufgelistet, wo teilweise lange Passagen wortgleich aus anderen Texten übernommen wurden.
Bereits Einleitung beginnt mit einem Plagiat
Einem Zeitungsbericht zufolge gehen führende Koalitionskreise davon aus, dass Guttenberg seine 2006 eingereichte Doktorarbeit trotz gegenteiliger Beteuerungen "nicht selbst geschrieben hat". Das berichtete der "Kölner Stadt-Anzeiger" am Samstag unter Berufung auf Vertreter von Union und FDP. Diese Vermutung lege sowohl das Ausmaß der plagiierten Stellen als auch die Tatsache nahe, dass schon die Einleitung mit einem Plagiat beginne, heißt es demnach. Schließlich sei "die Einleitung das Persönlichste überhaupt".
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte den Minister auf, in der Plagiatsaffäre Klarheit zu schaffen: "Guttenberg ist klug genug, um zu wissen, hier ruht die ganze Verantwortung auf ihm selbst." Alle offenen Fragen müsse Guttenberg mit der Universität Bayreuth klären. Die Universität werde selbst Wert darauf legen, dass ihr wissenschaftlicher Ruf nicht in Zweifel gezogen wird. Mit Blick auf Guttenbergs politische Arbeit sagte Steinmeier, der Minister sei wenig standfest. Er staune seit langem, dass sich Guttenberg ausgerechnet "Geradlinigkeit" als Markenzeichen auserwählt habe.
Guttenberg erfuhr unterdessen demonstrative Rückendeckung seiner Parteibasis. Der Vorstand seines Heimatbezirks Oberfranken im Bundesland Bayern stellte sich nach Angaben des stellvertretenden Bezirksvorsitzenden Hans-Peter Friedrich einmütig und geschlossen hinter seinen in die Kritik geratenen Bezirkschef. Das Gremium forderte "die politische und sonstige Opposition" am Samstag auf, "ihre unmäßige und maßlose Kampagne unverzüglich einzustellen und Vernichtungsfeldzüge zu unterlassen".
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