Flucht mit Beute

Bande sprengt Geldautomat in Wien-Favoriten

Österreich
21.02.2011 10:52
Die Zeiten, in denen Bankomat-Diebe und -sprenger einen Bogen um die Bundeshauptstadt machten, sind offenbar vorbei. In der Nacht auf Montag haben Maskierte (Bilder rechts) einen Geldautomaten im Foyer einer Raiffeisen-Filiale in Wien-Favoriten in die Luft gejagt. Sie drangen in das Geldinstitut in der Alma-Rose-Gasse 2 ein, indem sie mehrere Scheiben einschlugen, schilderte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Beute: Rund 100.000 Euro.

Um 3.15 Uhr wurde Alarm ausgelöst. Die Täter hatten einen Schlauch durch den Ausgabeschlitz eingeführt und Gas in den Automaten geleitet. Mittels elektrischer Zündung brachten sie dieses zur Detonation. Dann flüchteten sie mit ihrer Beute in einem schwarzen Kombi. Eine Frau, die durch einen lauten Knall geweckt wurde, sah das Duo davonbrausen. Die Geldscheine dürften Hahslinger zufolge nicht mit Farbe kontaminiert worden sein.

"Ich habe die Explosion in der Nacht gehört", schilderte ein weiterer Zeuge im "Krone"-Gespräch. "Zuerst war da dieser laute Knall, dann ist in der Nähe eine Autoalarmanlage angegangen." Faustgroße Stücke flogen nach der Detonation aus dem gesprengten Bankomaten. Die Filiale war übrigens schon das vierte Mal im Visier von Kriminellen. Zuvor war sie dreimal überfallen worden.

"Unvorhergesehener Zwischenfall"
Schwer verwüstet präsentierte sich die Raiffeisen-Filiale nach der nächtlichen Sprengung. Wo der Geldautomat gestanden war, hatten Techniker Stahlplatten eingesetzt. Die Splitter der zertrümmerten Scheiben lagen verstreut auf einem Gehsteig und einem angrenzenden Parkplatz. Die Überreste des zerstörten Bankomatgehäuses lagen auf der Straße. Ein paar Schaulustige hatten sich zum Tatort verirrt. An einer intakt gebliebenen Scheibe hing ein Zettel mit dem Text, dass die Filiale "wegen eines unvorhergesehenen Zwischenfalls vorübergehend geschlossen" sei.

Aktueller Fall in Wien ist "außergewöhnlich"
Der Coup war der 23. ähnlich gelagerte Fall innerhalb eines Jahres in Österreich, der erste in der Bundeshauptstadt. Für Ernst Geiger, Leiter der Abteilung Ermittlungen, Allgemeine und Organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt, ist es kein Zufall, dass die Bundeshauptstadt bisher kein Ziel für Bankomatdiebe oder -sprenger war: "Man muss bedenken, dass die Täter eine gewisse Zeit für die Flucht benötigen, insofern ist der Fall in Wien außergewöhnlich", sagte er. Von der Per-Albin-Hansson-Siedlung, wo die Alma-Rose-Gasse liegt, sei man allerdings rasch auf der Autobahn.

Mehrere Bankomat-Banden im Visier der Ermittler
Geiger erneuerte die These, dass sich zumindest vier Tätergruppen derzeit für Bankomaten in Österreich interessieren. Eine Gruppe sei mit einem Audi A6 unterwegs, um die Automaten mit dem starken Wagen aus der Verankerung zu reißen. Eine zweite Bande sprenge Bankomaten: Inklusive des Falles in Wien gehen auf ihr Konto aber nur zwei Aktionen. Über diese Gruppe weiß man auch wenig: Laut Geiger vermuten die Ermittler, dass sie aus der Slowakei stammt. Dort wurde ein mutmaßliches Bandenmitglied mit schweren Verbrennungen ins Krankenhaus eingeliefert. Der Mann schwieg aber bisher zu den Vorwürfen.

Eine dritte Partie hat sich auf das Aufschneiden der Geldautomaten spezialisiert. Schließlich sind im Süden Österreichs noch eine Gruppe Italiener unterwegs, die wie die Audi-Bande die Bankomaten herausreißen. Sie bleiben aber im Süden des Landes und agieren unabhängig von den anderen Tätern. Mit Ausnahme der Sprenger sind die Banden in der Regel mindestens zu viert, da die Automaten mehrere Hundert Kilogramm wiegen.

Banken rüsten gegen Banden auf
Geiger machte auch darauf aufmerksam, dass insbesondere Geldinstitute in Regionen, in denen die Täter bisher oft aktiv waren, ihre Automaten gesichert haben. Unter anderem wird empfohlen, die Bankomaten massiv im Boden zu verankern, Farbbeutel beim Geld zu deponieren und die Geräte mit technischen Vorrichtungen gegen Gassprengungen zu schützen.

Österreich ist Geiger zufolge nicht das einzige Land, in dem Bankomatdiebe aktiv sind. Fälle gibt es in den Niederlanden, Tschechien, der Slowakei, Deutschland und Ungarn.

von Michael Pommer und Christoph Budin (Kronen Zeitung) und krone.at

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