Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen den Bundeskanzler wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss. Sebastian Kurz wird jedoch laut Weisung der Justizministerin von einem unabhängigen Richter befragt. Rechtlich okay, doch gibt es Kritik an der politischen Interpretation. Und eine Strafrechtsprofessorin hat eine spannende These parat.
Die Wirtschafts- und Korruptionsermittler hätten laut „Krone“-Infos den Kanzler gerne selbst einvernommen, Kurz- bzw. ÖVP-Anwalt Werner Suppan wehrte sich erfolgreich. Justizministerin Alma Zadic folgte Oberstaatsanwaltschaft, Sektion und Weisungsrat: Ein Richter soll fragen. Dies sehen auch Experten wie Verfassungsjurist Heinz Mayer oder Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes so. Paragraf 101 der StPO, Absatz 2 legt fest, dass bei besonderer Bedeutung der Person und des Delikts ein unabhängiger Richter die Einvernahme durchzuführen habe. Trifft bei Kurz definitiv zu.
Hätte die Ministerin anders entschieden, hätte Türkis den Mythos des von der WKStA verfolgten Kanzlers weiter genährt.
Heinz Mayer, Experte für Verfassungsrecht
„Mangelnde Objektivität“ oder „Kniefall vor Kurz“?
SPÖ und FPÖ sprechen von „Zweiklassenjustiz“ und „Kniefall vor Kurz“. Zadic verwehrt sich dagegen ebenso wie gegen die Interpretation von ÖVP-Mann Andreas Hanger, der in der Entscheidung den Beweis erbracht sieht, dass die „mangelnde Objektivität der WKStA jetzt amtlich“ sei. Zadic: „Ich fordere eine Entpolitisierung der Justiz. Es handelte sich um eine rein rechtliche Entscheidung.“
Der WKStA wurde nicht auf die Finger geklopft. Sie könnte sich auch in die Vernehmung des Kanzlers quasi hineinreklamieren.
Ingeborg Zerbes, Uniprofessorin für Strafrecht in Wien
Chance für Ermittler
Ingeborg Zerbes sieht das genau so. Die ehemalige Leiterin der Kommission zur Untersuchung der Vorgänge rund um den Terrorakt vom 2. November 2020 sagt: „Es geht hier um eine Mussbestimmung.“ Die Strafrechtlerin bringt einen interessanten Aspekt ein. Seit der StPO-Reform 2008 ist die Staatsanwaltschaft „Herrin des Verfahrens“. Nimmt man dies wörtlich, so könnte sich die WKStA „in die Vernehmung von Kurz hineinreklamieren. Sie könnte sich die Vernehmung anschauen. Die Staatsanwaltschaft darf man bei Befragungen nicht ausschließen.“
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