Delta-Welle in USA:
„Honeymoon von Joe Biden neigt sich dem Ende zu“
In den USA steigen die Coronavirus-Fälle seit Anfang des Monats stetig. Beinahe alle Patienten, die jetzt noch hospitalisiert werden, sind ungeimpft - die Delta-Welle macht vor allem dem Süden mit Staaten wie Missouri, Arkansas, Louisiana und Florida zu schaffen, allesamt eher republikanisch. Wie die Impfung zum Politikum werden konnte, was die Regierung nun plant, um die Impfbereitschaft wieder zu erhöhen, und wie es mit der Republikanischen Partei weitergeht, weiß US-Experte Yussi Pick.
„Bei den Masken war es klar, dass Donald Trump gegen die Maske war und das zu einem Politikum gemacht hat. Bei der Impfung ist das ein bisschen anders, weil sich Trump im Jänner insgeheim impfen ließ. Öffentlich war er aber immer ambivalent. Es wäre sicher hilfreich gewesen, wenn Trump öffentlich dazu aufgerufen hätte, sich impfen zu lassen. Es ist jedenfalls mehr als bei uns ein Politikum und lässt sich relativ deutlich auf Parteilinien eingrenzen“, erklärt Pick den stagnierenden Impffortschritt in den USA, wo knapp 60 Prozent der Menschen einfach und knapp die Hälfte doppelt geimpft sind. Doch die Ungeimpften sind nicht nur Republikaner: Auch in ärmeren, ländlichen und unterversorgten Gebieten oder unter Minderheiten ist die Impfrate niedriger. „Da muss es einen verstärkten Fokus auf eine Impfkampagne geben“, sagt Pick, denn aus den sozialen Medien komme viel Fehlinformation, „weswegen die Impfbereitschaft so gering ist, wie sie ist“.
Nicht nur der Impffortschritt macht Biden zu schaffen, auch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Viele Lokale etwa in New York seien weiterhin geschlossen, in den Städten sieht man „mehr Obdachlosigkeit als früher auf den Straßen“. Ein erstes Stimuluspaket ist Biden gelungen: Menschen unter einer gewissen Einkommensgrenze bekommen jetzt pro Monat und pro Kind ein paar Hundert Euro. „Das ist in den USA revolutionär, für uns eigentlich normal“, sagt Pick. Aber für Biden ist jedes Hilfspaket ein schwieriger Kampf: „Die Republikaner haben kein Problem damit, Geld auszugeben, wenn ein republikanischer Präsident im Sessel sitzt. Aber jetzt sind sie wieder dort, wo sie unter Obama waren, nämlich: blockieren, blockieren.“ Bei vielen größeren Paketen braucht es mindestens 60 Stimmen im Senat: „Da ist es für Biden sehr schwierig, Republikaner an Bord zu holen. Aber es gibt auch zwei Demokraten, die Biden Probleme bereiten.“ Pick zieht Bilanz: „Der ‚Honeymoon‘ von Joe Bidens Präsidentschaft neigt sich langsam dem Ende zu. Er braucht wieder mal einen Erfolg.“
Wann wir wieder in die USA reisen dürfen, ist ungewiss: Denn obwohl US-Bürger derzeit in den Schengenraum einreisen können, geht das umgekehrt nur in Ausnahmefällen. „Die USA sind nicht abhängig vom Auslandstourismus, das ist ein relativ kleiner Wirtschaftszweig. Dementsprechend gibt es keinen Druck.“ Bis wir uns selbst ein Bild von Bidens USA machen können, wird es also noch dauern.
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