Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat mit einem kürzlich gegenüber der deutschen „Bild“-Zeitung gegebenen Interview für viel Aufregung in der Türkei gesorgt. Einmal mehr hatte der türkise Regierungschef die harte Linie der Regierung gegenüber Asylwerbern aus Afghanistan betont und dabei die Türkei als „richtigeren Ort“ für Geflohene aus afghanischen Kriegsgebieten bezeichnet. Die nationalistische türkische Politikerin Meral Aksener, die in den 1990ern kurz Innenministerin war, unterbreitete dem „sogenannten österreichischen Regierungschef“ daraufhin ein Angebot: Für drei Milliarden Euro solle Österreich alle afghanischen Flüchtlinge aufnehmen.
„Wenn Menschen fliehen müssen, dann halte ich Nachbarstaaten, die Türkei oder sichere Teile Afghanistans definitiv für den richtigeren Ort, als dass die Menschen alle nach Deutschland, Österreich oder Schweden kommen“, hatte Kurz in dem Interview gemeint. Aksener findet den Lösungsvorschlag aus dem Kanzleramt „ungeeignet“. In einem Statement des türkischen Außenministeriums hieß es: „Die Türkei wird nicht die nächste Flüchtlingswelle schultern. Wir sind nicht der Grenzwächter oder das Flüchtlingslager Europas.“
Die Summe von drei Milliarden Euro hat die Oppositionspolitikerin übrigens nicht zufällig gewählt. Sie entspricht exakt jener Summe, die die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel Ende Juni für die weitere Unterbringung von Flüchtlingen in der Türkei beschlossen haben. Die EU hatte Ankara in einem Flüchtlingsabkommen von 2016 sechs Milliarden Euro für die inzwischen 3,7 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei zugesagt. Diese sind nun weitgehend ausgegeben oder fest verplant. Die Türkei fordert schon lange, dass die EU neues Geld bereitstellt.
Fluchtbewegungen haben sich verstärkt
Seit Beginn des NATO-Truppenabzugs in Afghanistan und dem gleichzeitigen Vormarsch der radikalislamischen Taliban hat sich die Zahl der in den Iran und in weiterer Folge in die Türkei geflohenen Menschen dramatisch erhöht. In sozialen Medien verbreiten sich seit geraumer Zeit Videos von größeren Gruppen, die in Richtung türkischer Grenze unterwegs sind (siehe Tweet unten).
Türkei verstärkt den Grenzschutz
Laut dem türkischen Verteidigungsminister Hulusi Akar wird türkisch-iranische Grenze mit zusätzlichen Truppen verstärkt. Die Türkei baut zudem zurzeit eine Mauer an einer Teilstrecke der rund 300 Kilometer langen Grenze mit dem Iran. In der Türkei leben rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien, hinzu kommen Schätzungen zufolge bis zu eine halbe Million Afghanen. Alleine in der Metropole Istanbul leben nach Angaben ihres Bürgermeisters rund 1,6 Millionen Migranten.
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