Doppeltes Leid
Militärjunta verlängert Ausnahmezustand in Myanmar
Seit dem Militärputsch vor sechs Monaten versinkt Myanmar in Chaos und Gewalt. Immer mehr Menschen leben in schlimmen Verhältnissen, immer wieder kommt es dadurch zu Protesten auf den Straßen des Landes. Verschärft wird die Situation auch von der Corona-Krise. Die Militärjunta hat nun den im Februar verhängten Ausnahmezustand um eineinhalb Jahre verlängert - erst nachher sollen dann auch Wahlen stattfinden.
Der Ausnahmezustand werde im August 2023 aufgehoben, sagte Juntachef Min Aung Hlaing am Sonntag in einer Fernsehansprache. „Ich verspreche, dass Wahlen unter Beteiligung mehrerer Parteien garantiert stattfinden werden“, sagte Hlaing. Nach dem Putsch hatte die Junta die Abhaltung von Wahlen nach einem einjährigen Ausnahmezustand zugesagt.
Suu Kyi weiter in Hausarrest
Das Militär hatte Anfang Februar die Macht in Myanmar an sich gerissen. Die damalige De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi wurde entmachtet und seither mit einer Reihe von strafrechtlichen Anschuldigungen überzogen. Die 75-Jährige befindet sich in Hausarrest.
Begründet hatte die Junta den Putsch mit angeblichem Wahlbetrug bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr, die mit einem Erdrutschsieg von Suu Kyis Partei NLD geendet hatte. In der vergangenen Woche verkündete die Junta die Annullierung der Wahlergebnisse. Beobachter des asiatischen Netzwerks für freie Wahlen hatten den Umgang als „im Großen und Ganzen repräsentativ für den Willen des Volkes“ bezeichnet.
Ärzte arbeiten in Untergrundkliniken
Indessen ist das Gesundheitssystem von Myanmar zusammengebrochen. Es gibt Tausende Corona-Neuinfektionen pro Tag und Hunderte Tote. Viele Ärzte und Pflegekräfte sind kurz nach dem Putsch nicht mehr zur Arbeit gekommen - aus Protest gegen die Militärjunta. In einem zentralen Krankenhaus in Yangon, Myanmars größter Stadt, sind von 400 medizinischen Mitarbeitern nur noch 40 im Dienst.
Der Rest hat sich der Bewegung des zivilen Ungehorsams angeschlossen und arbeitet teils in Untergrundkliniken. Daher fehlt mitten in der vierten Corona-Welle qualifiziertes Personal in den städtischen Kliniken. Erkrankte könnten alternativ in die Militärkrankenhäuser gehen. Doch dorthin wollen viele nicht, weil sie vom Militär keine Hilfe annehmen wollen. Andere haben Angst, verhaftet zu werden.
Angriffe auf Gesundheitspersonal
Die Weltgesundheitsorganisation hat seit dem Putsch mehr als 240 Angriffe auf medizinisches Personal, Rettungswagen und Kliniken dokumentiert - fast die Hälfte der weltweiten Angriffe in diesem Zeitraum. Die Militärregierung behauptet, sie tue alles, um die Situation zu verbessern. Sie will neue Ärzte einstellen, hat Impfstoff in Russland bestellt und will sogar selbst - mit russischer Hilfe - Impfstoff produzieren. So richtig glauben wollen das die Kritiker jedoch nicht.
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