Guten Morgen

The Italian Job

Die 100 Meter - das war jahrzehntelang die Domäne der Sprinter aus den USA, der Karibik und Großbritannien. Gelegentlich mischten Kanadier mit, andere Nationen spielten kaum eine Rolle. Doch in der Ära nach Usain Bolt wurden die Karten neu gemischt, und plötzlich staunt die Welt über den ersten 100-m-Olympiasieger von Kontinentaleuropa seit dem Russen Walerij Borsow 1972. Ein Italiener ist der schnellste Mann der Welt! Schon in den Vorläufen war abzusehen, dass das Finale völlig offen war. Mit Trayvon Bromell scheiterte der schnellste Mann des Jahres schon im Semifinale, der Brite Zharnel Hughes wurde im Endlauf wegen Fehlstart disqualifiziert. Und Marcell Jacobs sprintete in phänomenalen 9,80 Sekunden zum Europarekord und zum Sieg - nur Usain Bolt gewann Olympia-Finals übrigens je schneller. Ekstatischer Jubel beim Italiener, Frust bei den US-Amerikanern, die weiter auf den begehrten Titel warten müssen.  Fred Kerley holte in 9,84 zwar vor Andre de Grasse (Kan/9,89) Silber. Doch was er davon hielt, machte er klar: „Sch...!“

Ganz anders Jacobs. Der tanzte, sprang, war aus dem Häuschen. „Das war mein Kindheitstraum. Ich kann es noch gar nicht glauben.“ Pikant ist übrigens, dass Jacobs eigentlich gebürtiger Texaner ist, weiß unser Sportredakteur Gernot Bachler. Doch seine Mutter, eine Italienerin, zog mit ihm bereits in die Lombardei zurück, als er 18 Monate war. Heute lebt er mit Ehefrau Nicole und seinen zwei Kindern in Rom. Und das ist das Schöne am (neuen) Italien: Egal woher du kommst oder was du machst. Das positive Lebensgefühl kann zum Sieger machen - und es wirkt: European Song Contest, EURO 2020 (21) und nun der schnellste Mann der Welt: The Italian Job, die Italiener ham an Lauf!

Einen guten Tag.