So schnell kann die aktuelle Politik bei dem größten Sportereignis der Welt das Tagesgeschehen beeinflussen. Flucht, Pressekonferenz, Asyl: Die halbe olympische Welt beschäftigt sich mit der Leichtathletin Kristina Timanowskaja. Nach Kritik an einem Trainer auf Instagram sollte sie am Sonntag gegen ihren Willen aus Tokio in ihr Heimatland zurückgeflogen werden, daraufhin rief die Sportlerin das IOC um Hilfe. „Ich werde nicht nach Belarus zurückkehren“, sagte die 24-Jährige der Nachrichtenagentur Reuters. Österreich war zuerst als Aufnahmeland im Gespräch, doch der Athletin wurde schon Hilfe von anderen Ländern angeboten. Sie wäre heute auf 200 m gestartet.
Die belarussische Läuferin Kristina Timanowskaja ist nach Angaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) „sicher und geschützt“. Die Sportlerin, die nach Einschätzung der Opposition von den autoritären Behörden ihres Landes von Olympia aus Tokio entführt werden sollte, habe die Nacht in einem Hotel am Flughafen Haneda verbracht, sagte IOC-Sprecher Mark Adams. ÖOC-Präsident Karl Stoss erklärte, sie sei an das UN-Flüchtlingskommissariat vermittelt worden.
Laut dem Chef des Österreichischen Olympischen Komitees werde Timanowskaja „geholfen und sie wird bestmöglich beraten“. Von Asylansuchen sei aktuell keine Rede. „Für kein europäisches Land“, sagte Stoss. „Es stimmt, dass ÖLV-Nationaltrainer Philipp Unfried mit ihr im Vorfeld der Spiele zusammengearbeitet hat. Er steht aber aktuell nicht in Kontakt mit Timanowskaja, ist in die diplomatischen Verhandlungen naturgemäß nicht eingebunden. Das gilt auch fürs ÖOC. Wir sind in keiner Weise involviert.“ Unfried schreibt die Trainingspläne für Timanowskaja. Laut IOC habe man vom NOK in Belarus einen schriftlichen Bericht eingefordert. Man müsse zunächst die genaueren Hintergründe und Einzelheiten zu dem Vorfall abwarten, hieß es.
Tschechien und Polen
Tschechiens Außenminister Jakub Kulhanek erklärte am Abend auf Twitter, sein Land biete Timanowskaja ein Visum an, „damit sie bei uns internationalen Schutz erhalten kann“. Auch die tschechische Botschaft in Tokio sei bereit zu helfen. Auch Polen soll einen ähnlichen Schritt schon getan haben.
Nach Kritik am Trainer
Timanowskaja, die am Montag über 200 m antreten sollte, hatte Kritik am Trainer geübt, weil sie dieser ohne ihr Wissen für die 4 x 400-m-Staffel eingeteilt hatte. Einige Läuferinnen waren laut Timanowskaja wegen verpasster Dopingtests ausgefallen.
Am Sonntag seien Betreuer in ihr Zimmer gekommen und hätten ihr aufgetragen, zu packen. Die Leichtathletin wurde zum Flughafen gebracht, auf Anweisung „von oben“, wie ihr ein Coach mitteilte. Auf dem Airport wandte sie sich an die japanische Polizei um Hilfe. Mittlerweile stehe sie unter Polizeischutz. „Ich bin jetzt in Sicherheit“, so Timanowskaja.
„Ich stehe unter Druck, das belarussische Team versucht mich gegen meinen Willen aus dem Land zu bringen“, wandte sie sich in einem Video an das Internationale Olympische Komitee (IOC) und rief dieses zum Einschreiten auf. Laut Angaben des belarussischen Sport-Solidaritätsfonds NGO vereitelte die Läuferin ihre ungewollte Heimreise.
Das IOC teilte auf Anfrage mit, es beobachte den Fall und habe das NOK um Aufklärung gebeten. Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja begrüßte die schnelle IOC-Reaktion. „Es ist wichtig, die Verletzungen von Rechten der Athleten durch das NOK zu untersuchen“, schrieb sie auf Twitter.
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