Die Grande Dame der Oper feiert am 10. August 90. Geburtstag. Im Interview erzählt sie, warum aufgeben niemals eine Option war und sie sich jetzt von ihrer geliebten Mühle trennen musste.
Sie sei dankbar. Dankbar, dafür, dass sie noch hier ist. Renate Holm hat ganz im Stillen gekämpft, wie sie uns, anlässlich ihres 90. Geburtstags am 10. August, überraschend im Telefon-Interview erzählt. Richtig, die Jubilarin ist am Handy erreichbar. „Man muss mit der Zeit gehen“, sagt sie, und googelt sich auch mit Überzeugung zu ihren Nachrichten und bestreitet ihr Leben auch sonst ganz ohne Hilfe. Darauf möchte sie aber nicht stolz sein: „Stolz war ich nämlich nie.“ Sie führt aus: „Ich gehe dreimal am Tag mit meinem ,Flocki‘ Gassi - dritter Stock, ohne Lift. Nur als ich krank gewesen bin, hab ich Hilfe gebraucht.“
Was war denn, wollen wir wissen und hören am anderen Ende der Leitung ein tiefes Seufzen und dann eine kurze Stille, bevor Holm wieder mit starker Stimme erzählt: „Ich bin unendlich dankbar, dass ich diesen Geburtstag feiern kann, denn das war nicht wirklich sicher. 2018 wurde durch eine Zufallsdiagnose festgestellt, dass ich Lungen- und Lymphdrüsenkrebs habe. Ich habe das nie in die Zeitung gebracht, weil ich damit alleine fertig werden wollte und eigentlich zu den Künstlern gehöre, die immer etwas Positives sagen - das Traurige und die Sachen, die mich schicksalhaft belastet haben, habe ich nie öffentlich gemacht.“
Jetzt musste Holm einige Sekunden der Stille ertragen. Aber jetzt geht es Ihnen wieder gut? „Durch die wunderbare Behandlung von Prof. Ludwig - er hat mir quasi das Leben gerettet durch die Immuntherapie, die bei mir gut angeschlagen hat, bin ich seit einem Jahr quasi wieder gesund.“ Die Immuntherapie, erklärt sie, müsse sie zwar weitermachen, aber an ihrem Alltag würde sie diese nicht hindern: „Die Therapie ist sehr neu, ähnlich wie bei unserer schrecklichen Corona-Geschichte, gibt es da nicht wirklich Langzeiterfahrungen und Forschungen, und so muss ich das immer als Vorsorge weitermachen.“
„Von der Zahl lasse ich mich nicht lenken!“
Das alles mit knapp 90 Jahren, ob man sich da wohl dabei erwischen würde, an das Aufgeben zu denken? „Ich möchte die Zahl eigentlich gar nicht aussprechen - und mich schon gar nicht von der Zahl (90) lenken lassen - wie leider so viele. Ich sage mir, ich habe es richtiggemacht, denn ich habe mich vollkommen in die Hände des Arztes gegeben ohne Wenn und Aber. Das kommt sicherlich auch von meiner Erziehung - ich bin sehr, sehr autoritär erzogen worden. Meine Mutter hat mich alleine erzogen, ich bin leider ein Scheidungskind. Es gab keinen Widerspruch, keine Diskussion, man kann es sich nicht vorstellen, wie es früher war. Es gab nur ihre Meinung.“
Inwiefern war das gut für ihre Genesung? „Ich habe Prof. Ludwig bei meiner ersten großen Operation gesagt, dass ich mich ihm vollkommen ergebe und mich auf seine Kompetenz verlasse. Auch nachher habe ich das, als ich im grünen Bereich war und die Metastasen weg waren. Da habe ich ihn gefragt - ,Wie geht’s jetzt weiter?’ Sein Schlüsselsatz war: ,Sie gehen nach Hause, und sie steigen wieder in Ihr Leben ein’ - das habe ich getan.“
Musste ihre Mühle verkaufen
Also haben sie sich auch wieder um ihre Mühle Niederösterreich gekümmert? „Die Mühle habe ich jetzt 53 Jahre, und es waren Glücksmomente unwahrscheinlicher Art. Jetzt ist es aber ein großer Wermutstropfen, dass ich nach meiner Krankheit nicht mehr die Kraft habe die Mühle so zu halten wie bisher. Ich musste sie verkaufen.“
Im Lockdown sei sie deshalb in ein schrecklich tiefes Loch gefallen, das durch eine „spirituelle Fügung“ wieder wich. „Mein Gott, wenn ich es so sagen darf, hat mir eine Tierärztin geschickt. Ihr Vater kauft ihr die Mühle und sie wird ein „Renate Holm Reha- und Tierschutzzentrum“ gründen. Damit kann ich leben, weil die Frau so ein Herz für Tiere hat wie ich.“
So schickte das größte Geburtstagsgeschenk für die bewundernswerte, alterlose Renate Holm der Himmel. Alles Gute und Liebe!
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