Den Nachwuchs impfen lassen, oder nicht? Diese Frage bewegt derzeit mitunter zahlreiche Eltern. Die „Krone“ hat das Thema von verschiedenen Seiten beleuchtet.
Was der Pharmakologe sagt:
MA-Experte Markus Zeitlinger rät zur Impfung: „Drei Punkte sind relevant: 1. das Risiko der Erkrankung, 2. die Effektivität der Intervention (hier die Impfung), 3. das Risiko der Intervention.“
Zu 1: Kinder erkrankten zwar seltener schwer, aber sie tun es - etwa einer von 500 bis einer von 1000. Selbst bei einem milden Verlauf kann es zum MIS-C-Syndrom kommen, das zu Behinderung oder Tod führen kann.
Zu 2: „Die Effektivität der Impfung bei den Kindern beträgt weit über 90%.“
Zu 3: „Mittlerweile sind Millionen Kinder geimpft, allein in den USA“. Dort zeigten sich die üblichen Impfreaktionen: Kopfweh, Müdigkeit, Schmerzen bei der Einstichstelle, Fieber - in der Regel kein großes Thema. Ernst zu nehmen sei das Risiko einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung), die in sehr seltenen Fällen auftritt. Der Großteil erholt sich wieder ganz.
Was sagen EMA und WHO? „Die Europäische Arzneimittelbehörde empfiehlt nicht, sie gibt den Rahmen vor: Sie hat BioNTech/Pfizer und Moderna für ab Zwölfjährige freigegeben. Die Weltgesundheitsorganisation verfolgt eine weltweit gerechte Impfstoff-Verteilung: Da viele ältere Leute noch nicht geimpft sind, sollen sie laut WHO zuerst drankommen.“
Nach dem Stich? Kinder sollen sich eine Woche schonen, bei Beschwerden ab zum Arzt!
Epidemiologie
Rein aus epidemiologischer Sicht, also hinsichtlich der gesamten Gesellschaft und ohne auf den Einzelfall einzugehen, wäre es wichtig, dass auch die jüngere Bevölkerung geimpft wird: „Weil in der Pandemie tatsächlich jeder Einzelne zählt, der geimpft ist“, sagen Epidemiologe Gerald Gartlehner, Simulationsforscher Niki Popper und Komplexitätsforscher Peter Klimek unisono.
Auch wenn Kinder zumeist nicht schwer erkrankten, könnten sie Infektionen übertragen und somit auch andere Bevölkerungsgruppen gefährden.
Was die Rechtsanwältin sagt:
Wie sieht die Lage rechtlich aus? Die „Krone“ hat die Wiener Rechtsanwältin Katharina Braun gefragt: „Klar ist: Sind sich Eltern über ihr unmündiges minderjähriges Kind einig, wird es grundsätzlich geimpft.“ Außer: Das Kind selbst will nicht und weigert sich: „Der Kindeswille ist grundsätzlich beachtlich.“ Sind die Eltern getrennt, wird die Sache komplizierter. „Hat ein Elternteil die alleinige Obsorge, so kann dieser alleine entscheiden, der andere Elternteil ist über die Impfung zu informieren.“
Bei der gemeinsamen Obsorge kann grundsätzlich jeder Elternteil das Kind impfen lassen: „Für den Arzt, vorausgesetzt das Kind selbst spricht sich nicht eindeutig dagegen aus, reicht die Zustimmung eines Elternteils.“ Passt das dem anderen Elternteil nicht, kann der versuchen, dies bei Gericht abzuwenden. Dazu braucht es Gründe gegen den Stich. Um die Impfung zeitnah abzuwenden, bräuchte es auch einen Antrag auf Erlassung einstweiliger Maßnahmen, etwa eine gemeinsame Erziehungsberatung.
Was ist, wenn das Kind sich impfen lassen will, ein Elternteil aber dagegen ist? „Das könnte dazu führen, dass diesem Elternteil im Bereich der medizinischen Belange die Obsorge entzogen wird.“ Dann entscheide künftig in diesem Bereich nur der andere Elternteil. Völlig selbst entscheiden können mündige Minderjährige, also ab 14-Jährige.
Braun empfiehlt jedenfalls die gemeinsame Auseinandersetzung beider Elternteile: „Eine fundierte abgestimmte Entscheidung entlastet nicht zuletzt vor allem das Kind, und nimmt ihm Ängste.“
Was eine Mutter dazu sagt:
Aus Eltern-Sicht ein Gefühlschaos, berichtet die mehrfache Mama Sonja H. aus Niederösterreich: „Meine Älteste ist 13, das Thema ist also bei uns angestanden. Für mich selbst war die Entscheidung ja einfach. Aber wenn es um meine Kinder geht, ist das noch einmal etwas ganz anderes. Ich bin auch niemand, der meinen Kindern leichtfertig Medikamente einflößt.“
Die Datenlage über die Erfahrungen bei den Kindern sei noch gering, dementsprechend habe sie sich sehr viele Gedanken gemacht: „Ich hatte wirklich zwei Wochen lang schlaflose Nächte. Ich habe mich ins Thema eingelesen, habe mit verschiedenen Ärzten gesprochen und mich dann noch einmal mit meinem Hausarzt beraten. Auch meine Tochter habe ich mit einbezogen. So kamen wir gemeinsam zum Schluss, dass die Vorteile überwiegen würden.“ Ihr sei klar, dass die Impfung nicht per se gegen Corona hilft, „sondern gegen schwere Verläufe. Und ich glaube, niemand will sein Kind auf der Intensivstation sehen, sondern will es vor allem bestmöglich schützen.“
Bis zum Stich war sie dennoch unsicher: „Aber seither habe ich kein schlechtes Gefühl mehr“, so H. „Meine Tochter hat alles gut vertragen und hatte so gut wie keine Impfreaktionen.“
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