Heute wählt der Stiftungsrat einen neuen ORF-Generaldirektor. Die ÖVP kann ihren Kandidaten Roland Weißmann ins Amt heben. Die Grünen ziehen mit - ein glatter Durchmarsch ist vorprogrammiert.
Es erinnert an einen Basar, was sich rund um die Wahl des ORF-Generaldirektors hinter den Kulissen des Küniglbergs abspielt. 35 auf dem Papier „unabhängige“ Stiftungsräte bestimmen heute mit einfacher Mehrheit, wer die nächsten fünf Jahre lang den öffentlich-rechtlichen Rundfunk lenkt. 16 davon sind dem türkisen Lager zuzuschreiben. Die Wahl des bürgerlichen Kandidaten Roland Weißmann, Vizefinanzdirektor des ORF, gilt als ausgemacht.
„Nix is völlig fix“
Aber was, wenn doch einer im Freundeskreis „umkippt“? Für manchen Beobachter scheint „nix is völlig fix“ im verschärft-medialen Getöse rund um unschöne Schlagwörter wie „Orbánisierung“, „Umfärbung“ und „Parteibesetzung“. Und so wurde noch Stunden vor dem um 10 Uhr beginnenden Hearing der fünf Kandidaten telefoniert, ausgelotet, versprochen, gedroht und über künftige zentrale Führungspositionen verhandelt - schließlich will jede Partei letztendlich ja doch am Kuchen mitnaschen, und so hat jede Stimme ihren mehr oder weniger hohen Preis.
Lisa Totzauer hofft, Wrabetz hat verspielt
Bis zum Schluss fraglich, ob das bürgerliche Lager tatsächlich ungeteilt im ersten Wahlgang für Weißmann stimmt. Schließlich ist mit ORF-1-Channelmanagerin Lisa Totzauer eine ebenfalls bürgerliche Kandidatin im Rennen, die u. a. auf Führungserfahrung sowie den nicht unbedeutenden Faktor Frau setzt und in dieser öffentlichen Wahl auf Stimmen hofft.
Grüne ziehen mit Koalitionspartner mit
Amtsinhaber Alexander Wrabetz hat mit seiner letzten, wiederholten Aussage, „des Kanzlers Medienbeauftragter Gerald Fleischmann bestimmt allein, wer ORF-Chef wird“, jegliche Chance auf Stimmen des Türkis-nahen Lagers verspielt. Die Grünen werden sich diesmal als koalitionstreu erweisen und dafür (Stichwort Kuchen) in Form von zwei Direktoren (Programm und Finanzen) ordentlich mitnaschen dürfen. Die FPÖ wird (ohne Kickl’sche Stallorder) ihre Stimmen aufspalten: u. a. an ORF-Onlinechef Thomas Prantner, der - wie der in das Hearing nachnominierte Medienmanager Harald Thoma - als aussichtslos gilt.
Was aber, wenn es doch am frühen Nachmittag zu einer Stichwahl kommt? Ja dann wird es auf dem Küniglberg-Basar richtig teuer. Denn dann schlägt zwischen den Wahlgängen hinter verschlossenen Nebenraumtüren die Stunde für die richtig fetten „Big Deals“.
Kommentar
Wer auch immer nach all diesen Vor- und Nachverhandlungen ab 1. Jänner 2022 die Medienorgel ORF bespielen wird, das hochgehaltene Image der Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit ist ihr in diesen Wahlkampftagen wieder einmal verloren gegangen.
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