Weltweit 234 Forscher zeigen in ihrem neuen UNO-Klimareport auf: Die Menschheit steht am Abgrund. In Österreich droht die Gefahr, dass es bis 2100 um fünf Grad heißer wird. „Der Bodenfraß raubt uns die Zukunft!“, warnt Kurt Weinberger von der Hagelversicherung im Interview mit der „Krone“. Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb spricht von vergeudeten Jahren und kritisiert die Politik.
Der neue Weltklimareport fällt dramatischer aus als befürchtet: Demnach ist die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre mit 410 ppm (Teilchen pro Million) die höchste seit zwei Millionen Jahren. Der Meeresspiegel steigt wiederum so rasant an wie in den vergangenen 3000 Jahren nicht.
Exakt messbar ist die Klimakrise auch an schrumpfenden Gletschern. An den Polen ging das Eis seit den Siebzigerjahren um 40 Prozent zurück. Die Folge laut Weltklimarat IPCC (siehe unten): Süßwasser trifft auf die Meeresströmung des Golfstroms und verlangsamt diesen.
Kollaps des Golfstroms nicht mehr auszuschließen
Der aktuelle Bericht kommt zum Ergebnis, dass ein Kollaps des Golfstroms nicht mehr auszuschließen ist. „Das hätte verheerende Auswirkungen. Denn Europa und damit Österreich würden regelrecht austrocknen“, warnt Global 2000-Aktivist Johannes Wahlmüller.
Die Wissenschaft warnt seit Jahrzehnten. Wir müssen nun endlich aufwachen und etwas tun. Wir dürfen nicht länger warten.
Al Gore, Ex-Vizepräsident der USA zur „Kronen“-Zeitung
Der Klimawandel trifft uns alle. Denn die Unwetterereignisse werden immer häufiger und auch intensiver.
Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne)
Einmal mehr warnt Dr. Kurt Weinberger von der Hagelversicherung im Interview mit der „Krone“ vor den klimatischen Konsequenzen der Verbauung unserer Böden.
„Krone“: Wer heute auf die Welt kommt, erlebt wahrscheinlich, wie es in Österreich um fünf Grad heißer wird. Schockt das Wissen genug, dass etwas gegen den Klimawandel unternommen wird?
Kurt Weinberger: Leider nein, die Klimaanlage Boden, unser wichtigster CO2-Speicher, wird in Österreich weiter im Rekordtempo grob fahrlässig durch Verbauung zerstört.
Als gäbe es kein Morgen ...
Wer mit offenen Augen durch die Lande fährt kann nur fassungslos sein. Denn überall bewilligen Bürgermeister riesige Gewerbegebiete im Grünen.
Wie können wir das Steuer herumreißen oder ist es ohnehin zu spät?
Die Regierung hätte längst ein nationales Bodenrettungsprogramm beschließen müssen, um von Sprechblasen-Ankündigungen zum Handeln zu kommen. Es ist aber schon sehr spät.
Und wenn wir so weitermachen?
Dann müssen wir mit noch mehr Umweltkatastrophen rechnen. Und dann ist auch unsere Versorgung mit heimischen Lebensmitteln in akuter Gefahr ...
In dieselbe Kerbe schlägt Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb. Sie spricht von vergeudeten Jahren und kritisiert die Politik, die den Ernst nicht begreife.
„Krone“: Wie interpretieren Sie den Bericht des Weltklimarates?
Helga Kromp-Kolb: Alles, was im letzten Bericht gestanden ist, wurde wahr. Und es ist keine Entwarnung zu erwarten. Die vergeudeten letzten Jahre haben wieder Klimaveränderungen gebracht, die wir überall sehen.
Es geht diesmal auch um regionale Präzisierungen ...
Stimmt. Aber regional heißt nicht Niederösterreich, sondern Europa. Aber ja, die Auswirkungen sind überall zu beobachten. Auch wenn es deutliche Unterschiede gibt. Es ist schwer für die Wissenschaft, etwas Neues zu sagen, denn es ist alles gesagt. Seit vielen Jahren.
Die letzten sechs Jahre waren die heißesten der Messgeschichte. Es gibt Dürren, Überschwemmungen, zuletzt vermehrt auch in Deutschland oder Österreich. Kann das ein Umdenken bewirken?
Es gibt diese Wecker, die immer wieder läuten. Unmittelbar nach den jüngsten Unwettern sagte der Bundeskanzler, es geht um neue Technologien etc. Aber seine Sager mit der Steinzeit zeigen, dass ihm das nicht wichtig genug ist. Ich weiß nicht, wie man Leute wie ihn vom Ernst der Lage überzeugen kann. Selbst die Wirtschaft hat das kapiert. Vielleicht müsste man ihn fragen, was notwendig ist, damit er ähnlich reagieren würde wie bei Corona?
Das „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC) ist eine Institution der Vereinten Nationen. Dieser Weltklimarat fasst regelmäßig die weltweiten Studien zum Klimawandel zusammen und bewertet aus wissenschaftlicher Sicht. Der IPCC (gegründet 1988) bietet Grundlagen für politische Entscheidungen, indem er unterschiedliche Handlungsoptionen aufzeigt. Zum Rat gehören 195 Mitgliedsstaaten. Der aktuelle Bericht besteht aus der Analyse Tausender Studien, beteiligt waren mehr als 200 Wissenschafter. Der letzte Bericht stammt aus 2014. Schon da gab es ähnliche Erkenntnisse.
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