Der bayrischen Polizei ist laut eigenen Angaben ein „empfindlicher Schlag“ gegen international agierende Anlagebetrüger gelungen. In einer gemeinsamen Operation mit bulgarischen Behörden wurden „nach intensiver und monatelanger Ermittlungsarbeit“ Ende Juli mehrere Bürogebäude und Wohnungen in Sofia durchsucht. Gegen vier Männer ergingen Haftbefehle. Sie stehen im dringenden Tatverdacht, aus einem Callcenter Anleger im gesamten deutschsprachigen Raum „im Wege des sogenannten Cybertrading betrogen und um einen Betrag in Höhe von insgesamt mehreren Millionen Euro gebracht zu haben“.
Wie die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg am Montag mitteilte, waren zahlreiche Strafanzeigen von betrogenen Anlegern aus ganz Bayern Anlass der Ermittlungen des Fachkommissariats für Wirtschafts- und Vermögenskriminalität der Ansbacher Kriminalpolizei gewesen. Die Geschädigten hatten zuvor teils hohe Summen auf vermeintlichen Trading-Plattformen im Internet investiert. Tatsächlich floss das Geld aber über komplexe Geldwäschenetzwerke letztlich auf die Konten der mutmaßlichen Betrüger.
Die hatten auf verschiedenen Webseiten für diverse Anlagemöglichkeiten geworben. Interessierte, die hier ihre Kontaktdaten preisgaben, wurden anschließend von dem Callcenter aus mittels speziell geschulter Telefonagenten (vermeintliche „Trading-Spezialisten“) kontaktiert, die ihnen in den Telefongesprächen und in E-Mails angeblich lukrative Investments im Bereich sogenannter binärer Optionen, CFDs, Forex oder Kryptowährungen anboten.
Insbesondere zu Beginn der Geschäftsbeziehung seien den Anlegern regelmäßig durch simulierte Charts „beträchtliche Gewinne wahrheitswidrig vorgespiegelt“ worden, verbunden mit der Forderung nach weiteren Investments, so die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg. Die Geschädigten wähnten ihr Vermögen gut angelegt - tatsächlich wurde es jedoch nie in die angebotenen Finanzprodukte investiert, sondern von den Tätern selbst vereinnahmt.
Anleger um mehrere Millionen Euro betrogen
Die gutgläubigen Anleger investierten so teils hohe Geldsummen - allein in einem Fall aus dem Landkreis Ansbach wurde auf diese Weise ein Betrag in sechsstelliger Höhe erbeutet. Der bisher bekannt gewordene Gesamtschaden betrage allein in dem Tatkomplex, in dem jetzt die Zugriffe in Sofia erfolgten, mehrere Millionen Euro, wobei von einem hohen Dunkelfeld auszugehen sei, hieß es.
Bei der zeitgleichen Durchsuchung mehrere Bürogebäude und Wohnungen in Sofia stießen zwei Staatsanwälte der Zentralstelle Cybercrime Bayern, Ermittler der Ansbacher Kriminalpolizei und des Bundeskriminalamtes - unter Leitung der Spezialstaatsanwaltschaft in Sofia und einer auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität spezialisierten bulgarischen Polizeibehörde - schließlich auf das vollbesetzte, offensichtlich auf den deutschen Sprachraum spezialisierte Callcenter, in dem Telefonagenten ihrer auf Betrug angelegten Tätigkeit nachgingen.
Auslieferung beantragt
Von den bulgarischen Gerichten ist nun in den kommenden Wochen über die Auslieferung der Festgenommenen - eines deutschen, eines israelischen und zweier bulgarischer Staatsangehöriger - nach Deutschland zu entscheiden. Neben den Festnahmen gelang es den Ermittlern, in Sofia umfangreiches Beweismaterial, insbesondere elektronische Daten, zu sichern. Von der Auswertung dieser Daten erwarten sich die Beamten weitere Erkenntnisse zu den Hintermännern des Callcenters.
Die Tätergruppierung ist nach dem derzeitigen Ermittlungsstand verantwortlich für die Plattformen alphafinancialgroup.com (offline), zurichfinancialgroup.co, genevacapitalgroup.com und zuletzt promarketsgroup.com. Die Ermittlungen dauern an.
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