"Unsere Revolution"

Großteil Libyens feiert Sieg über Muammar al-Gadafi

Ausland
28.02.2011 07:43
Gegner des libyschen Machthabers Muammar al-Gadafi haben jetzt auch die drittgrößte Stadt des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Regierungstreue Truppen und Milizen hätten Misurata verlassen, sagte ein Einwohner am Sonntag in einem Telefongespräch mit dem arabischen Fernsehsender Al-Jazeera. Auch in Zawiyah konnten sich die Aufständischen am Sonntag durchsetzen. Laut Opposition befinde sich zudem bereits der gesamte Ostteil des Landes in der Hand der Rebellen.

Die rot, grün und schwarze Fahne der Anti-Gadafi-Aufstands wehte am Sonntag nach Angaben eines Reuters-Reporters auf dem Dach eines Gebäudes im Zentrum von Zawiyah, das etwa 50 Kilometer westlich der Hauptstadt Tripolis liegt. Mehrere Hundert Menschen feierten in den Straßen und riefen: "Dies ist unsere Revolution."

Regierungsgegner haben im Westen nach eigenen Angaben inzwischen mehrere Städte unter ihre Kontrolle gebracht. Das Mitglied eines Revolutionskomitees in der Stadt Nalut, rund 240 Kilometer westlich der Hauptstadt Tripolis, sagte, die Stadt sei bereits am 19. Februar von Anhängern des Machthabers Muammar al-Gadafi befreit worden. Zudem sollen Gadafi-treue Sicherheitskräfte bereits aus neun weiteren Städten abgezogen seien. 

Nun würden überall die Kräfte für einen Marsch auf Tripolis gesammelt, "um die Hauptstadt vom Joch Gadafis zu befreien". Bengasi, die zweitgrößte Stadt Libyens im Osten des Landes, war bereits bald nach Beginn des Volksaufstandes gegen Gadafi vor knapp zwei Wochen unter die Kontrolle der Regierungsgegner gefallen.

Streit um "Übergangsregierung"
Seit der Befreiung Bengasis herrscht gute Stimmung, doch die derzeitigen Entwicklungen versetzen die Menschen sogar in Feierlaune. Die Oppositionellen in Bengasi haben nämlich eine Übergangsregierung gebildet, wie der arabische Fernsehsender Al-Arabiya am Sonntag berichtete. Demnach hatte sich der ehemalige Justizminister Mustafa Mohamed Abud Ajleil mit Stammesführern geeinigt. Über den Kurzmitteilungsdienst Twitter ließ Ajleil verbreiten, dass die Übergangsregierung für drei Monate im Amt bleiben solle. Danach werde sie durch eine gewählte Regierung ersetzt.

Die Übergangsregierung soll Neuwahlen in dem nordafrikanischen Land vorbereiten. Die Entscheidung, eine derartige Regierung zu bilden, sei von den Mitgliedern lokaler Räte in den östlichen Regionen des Landes getroffen worden, sagte Ajleil Al-Jazeera. Die Interimsregierung solle sich aus Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft und des Militärs zusammensetzen und für höchstens drei Monate im Amt sein. "Anschließend wird es gerechte Wahlen geben und die Leute können ihren Führer wählen", fügte Ajleil hinzu. Verhandlungen mit Muammar al-Gadafi über eine mögliche Ausreise aus Libyen schloss Ajleil aus. Der langjährige Machthaber müsse sich vor der libyschen Justiz verantworten.

Am Sonntag wies der Menschenrechtsanwalt Abdel-Hafidh Ghoga die Darstellungen Ajleils jedoch zurück. Es gebe keine Übergangsregierung, sagte Ghoga auf einer Pressekonferenz. Vielmehr würden sich Vertreter der Stadträte aus dem Osten des Landes lediglich zu einem provisorischen Gremium zusammenschließen, um das tägliche Leben in der Region zu organisieren. Er sei der Sprecher des Gremiums, sagte Ghoga. Selbst wenn es eine Übergangsregierung geben sollte, werde sie bestimmt nicht von Abdel-Jalil geführt, erklärte Ghoga. Er sei lediglich der Vorsitzende des Stadtrats von Bejda.

Beobachter werteten die widersprüchlichen Aussagen als erstes Zeichen auf einen Machtkampf zwischen verschiedenen Strömungen der Opposition im Osten Libyens.

Gadafi hält an seiner Macht fest und verschanzt sich
Gadafi hat sich unterdessen in der Hauptstadt Tripolis im Stadtteil Bab al-Azizia verschanzt. Unbeeindruckt von Sanktionen der UNO hält er weiter an seiner bröckelnden Macht fest. Die Sicherheitsmaßnahmen in der Gegend seien beispiellos, berichtete die arabische Tageszeitung "Asharq Al-Awsat".

Wie das Blatt weiter berichtete, kontrollieren inzwischen regimetreue Einheiten und Milizen auch nur noch knapp die Hälfte der Millionenmetropole Tripolis. Gadafis Quartier werde von Panzern und Raketenwerfern geschützt. Al-Jazeera meldete am Sonntag demgegenüber, Gadafi-loyale Milizen kontrollierten weiterhin die meisten Stadtteile von Tripolis. Eine Frau berichtete in einem Telefongespräch aus der Hauptstadt: "Ich habe Angst, auf die Straße zu gehen, weil ständig geschossen wird." Milizen würden Taschen, Ausweise und sogar die Mobiltelefone kontrollieren.

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