Nach Koalitionskrach

Polens Parlament billigt umstrittenes Mediengesetz

Ausland
11.08.2021 21:48

Einen Tag nach dem Zerbrechen der nationalkonservativen Koalition in Polen hat das Parlament am Mittwochabend dem umstrittenen Mediengesetz der Regierung zugestimmt. Zuvor hatte die Abstimmung das Parlament stundenlang in Atem gehalten, als eine Entscheidung zunächst vertagt wurde, dann jedoch am Abend doch abgestimmt wurde. Nach Ansicht der Opposition bedroht das Gesetz die Pressefreiheit und könnte die Beziehungen zu den USA beeinträchtigen.

Bei der Abstimmung am Mittwochabend stimmten 228 Abgeordnete dafür, 216 dagegen. Zehn weitere enthielten sich der Stimme. Durch die Novelle des Rundfunkgesetzes sollen Rundfunklizenzen nach den Plänen der Regierungspartei PiS nur noch dann an Ausländer vergeben werden können, wenn diese „ihre Zentrale oder ihren Wohnsitz im Bereich des Europäischen Wirtschaftsraums haben“.

Gesetz zielt laut Kritikern auf bestimmten Sender ab
Zusätzlich gilt die Bedingung, dass der Lizenznehmer nicht von jemandem abhängig sein darf, der Zentrale oder Wohnsitz außerhalb dieses Wirtschaftsraums hat. Nach Ansicht von Kritikern zielt das Gesetz auf den Privatsender TVN, der über eine in den Niederlanden registrierte Holding Teil des US-Konzerns Discovery ist. Besonders der Nachrichtensender TVN24 vertritt eine PiS-kritische Linie. 

Die Partei von Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki verlor die Mehrheit im Parlament, gewann aber die Abstimmung über das Mediengesetz. (Bild: AP)
Die Partei von Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki verlor die Mehrheit im Parlament, gewann aber die Abstimmung über das Mediengesetz.

Nachdem der Sejm, die erste Kammer des Parlaments, der Gesetzesänderung zugestimmt hat, geht sie nun an den Senat, die zweite Kammer. Dieser kann noch Änderungsvorschläge machen.

Rgierungsbündnis zerbrochen
Im Streit um die Gesetzesänderung war zuvor das nationalkonservative Regierungsbündnis der PiS zerbrochen. Nachdem Ministerpräsident Mateusz Morawiecki seinen Stellvertreter Jaroslaw Gowin entlassen hatte, kündigte dessen Gruppierung Porozumenie (Verständigung) die Zusammenarbeit mit der PiS auf.

Man wolle fortan als eigenständige Parlamentariergruppe agieren, teilte Sprecher Jan Strzezek auf Twitter mit. Fünf stellvertretende Minister aus Gowins Lager stellten ihre Ämter zur Verfügung. Porozumenie bildete mit der PiS und einer weiteren Kleinpartei bislang das Listenbündnis „Vereinte Rechte“ und stellte 12 von 232 Abgeordneten des Regierungslagers.

Gowin hatte die Novelle des Rundfunkgesetzes kritisiert. Mit dem Ausscheiden von Porozumenie verlor die PiS ihre absolute Mehrheit im Parlament. Nun läuft alles auf eine Minderheitsregierung hinaus.

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