Forscher gibt es nicht

Erfundener Schweizer half bei Corona-Propaganda

Ausland
12.08.2021 12:46

Chinesische Staatsmedien machten zuletzt mithilfe der Aussagen eines angeblichen Schweizer Wissenschaftlers Stimmung gegen die USA. Dumm nur: Laut Recherchen der Schweizer Botschaft gibt es den Mann gar nicht. „Falls Sie existieren, würden wir Sie gerne kennenlernen“, schrieben die Diplomaten sogleich eine Kontaktanzeige aus.

Der fiktive Schweizer Biologe „Wilson Edwards“ machte auf Facebook seiner Frustration wegen der These über eine Verantwortung des Labors im chinesischen Wuhan im Zuge des Ausbruchs der Corona-Krise Luft. „Forscherkollegen beklagten sich darüber, dass sie enormem Druck und sogar Einschüchterungsversuchen vonseiten der USA und bestimmter Medien ausgesetzt sind“, zeigte sich das Profil bestürzt über die Politisierung der Suche nach dem Ursprung des Virus.

Mithilfe des angeblichen Biologen stützte Peking seine Haltung, eine weitere Untersuchung der WHO zum Ursprung des Virus abzulehnen. (Bild: AFP/Frederic J. BROWN)
Mithilfe des angeblichen Biologen stützte Peking seine Haltung, eine weitere Untersuchung der WHO zum Ursprung des Virus abzulehnen.

Angebliche Thesen sehr willkommen
Derlei Aussagen fanden großen Anklang in China: Von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua über die englischsprachigen Zeitungen „China Daily“ und „Global Times“ bis hin zur „Renmin Ribao“, der Volkszeitung, dem Sprachrohr der Kommunistischen Partei, beriefen sich zahlreiche Medien auf die Einträge des vermeintlichen Schweizer Experten.

Edwards schien dabei all jene Thesen zu bestätigten, die das chinesische Außenministerium seit Wochen fast schon mantraartig wiederholt: etwa dass die Theorie, dass das Coronavirus aus einem Labor in der zentralchinesischen Stadt Wuhan entwichen sein könnte, eine Verunglimpfung seitens der USA sei.

Schweizer Suche blieb bislang erfolglos
Die Schweizer Eidgenossen haben sich nun auf die Suche nach dem Wissenschaftler gemacht - jedoch gibt es keinen Schweizer, der unter dem Namen Wilson Edwards registriert ist. Man habe außerdem keine wissenschaftlichen Publikationen unter diesem Namen gefunden. Zudem verfüge das Facebook-Profil von Wilson Edwards über nur drei Freunde und ein Posting.

„Wir freuen uns zwar über die Aufmerksamkeit, die unserem Land zuteilwird, aber die Schweizer Botschaft muss die chinesische Öffentlichkeit leider darüber aufklären, dass diese Nachricht falsch ist“, forderte man die chinesischen Medien auf, die Berichte zu entfernen.

„Falls Sie existieren, würden wir Sie gerne kennenlernen!“
Seitdem wird bei Xinhua, „China Daily“ und „Global Times“ fleißig gelöscht. Auch das Facebook-Profil von Wilson Edwards ist verschwunden: offenbar ein Fake-Profil. Ganz aufgeben wollten die Schweizer die Suche jedoch noch nicht. So schrieben sie auch gleich eine Annonce auf Twitter: „Wilson Edwards, falls Sie existieren, würden wir Sie gerne kennenlernen!“

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