Der Weltklimarat IPCC hat seinen sechsten Weltklimabericht veröffentlicht. Im Vergleich zum fünften Bericht im Jahr 2014 sind die Erkenntnisse nochmal ein Stück besorgniserregender. „Es bedürfte eines irrsinnigen gesellschaftlichen Wandels, um unseren Lebensstandard halten und die Emissionen herunterschrauben zu können“, sagt Dr. Marc Olefs, Abteilungsleiter der Klimaforschung bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik im Talk mit Damita Pressl - aber die „Herkulesaufgabe“ sei noch zu bewältigen.
Klar ist: Die Menschheit hat sich ganz schön etwas eingebrockt. Die globale Mitteltemperatur ist seit der industriellen Revolution um 1,1°C angestiegen, die Temperatur auf den Landoberflächen gleich um 1,6°C. Österreich ist aufgrund seiner Lage nochmal stärker betroffen: bei uns sind es gleich zwei ganze Grad. Im letzten Jahrzehnt zwischen 2010 und 2020, so Olefs, „haben wir die wärmste Phase durchbrochen, die wir in den letzten hunderttausend Jahren messen oder indirekt rekonstruieren konnten. Das, was wir jetzt erleben, hat es ganz, ganz lange Zeit nicht mehr gegeben.“ Auch die Konzentration an Kohlendioxid in der Atmosphäre ist die höchste seit zwei Millionen Jahren. Doch es gehe auch nicht nur um den Temperaturanstieg, so Olefs: „Das Hauptproblem ist aber die Geschwindigkeit, in der das passiert. Da kann das gesamte System Erde - Mensch, Tiere, Ökosystem - nicht mithalten, und kann sich nicht automatisch anpassen.“
Was das für Österreich bedeutet? „Steigende Hitzebelastung, zunehmende und intensivere Dürreereignisse, häufigere und intensivere Extremwetterereignisse wie Starkniederschlag und Überflutungen, sowie eine abnehmende Schneedecke“, fasst Olefs zusammen, und gibt ein Beispiel: „2015 hatten wir in Wien in einem Extremjahr knapp 40 Hitzetage - das sind Tage mit einer Höchsttemperatur von mehr als 30°C. Wenn wir so weitermachen, dann könnte das Ende des Jahrhunderts zum neuen Normal werden. Hitze ist bereits heute die Naturgefahr in Österreich, die am meisten Todesfälle hervorruft - mehr als Stürme, Hochwasser oder Lawinen.“
Was also tun? „Im besten Fall halten wir die Risiken auf dem jetzigen Niveau“, stellt Olefs klar. Denn: „Die natürlichen Wege, über die sich Kohlendioxid aus der Atmosphäre abbauen kann - über die Ozeane oder die Vegetation - sind wie ein kleines Loch in einer Badewanne.“ Kohlendioxid ist in der Atmosphäre also sehr langlebig; abbauen werden wir ihn nicht. „Also müssen wir den Wasserhahn zudrehen“, sagt Olefs, und aufhören, ihn auszustoßen. „Die EU hat mit ihrem Green Deal und ‚Fit for 55‘ konkrete Ziele gesetzt. Wenn wir es als reiches Land schaffen, im Rahmen dieses Pakets und mit den EU-Partnern zu zeigen, dass es wirklich geht, und die Zeit nutzen, um grüne Technologien zu entwickeln, dann kann es realistisch sein, dass wir es global wirklich schaffen. Wir haben keine andere Wahl.“
Dafür brauche es Lösungen auf allen Ebenen: Anreize, Vorgaben und manchmal auch Verbote durch die Politik; Bauwerksbegrünung und Wasserflächen in den Städten, und nicht zuletzt den Einzelnen. „Jeder von uns ist ein kleines Zahnrad in der großen Maschine“, sagt Olefs. Was Sie jetzt und heute tun können: ausrechnen, wie viel Emissionen der eigene Lebensstil verursacht! Das geht mit sogenannten Fußabdrucksrechnern, etwa hier vom Bundesministerium für Klimaschutz. „Da kann man die Hebel feststellen, wo man am meisten bewegen kann“, sagt Olefs. „Das heißt aber nicht, dass wir uns alle nur noch vegan ernähren und nie mehr fliegen dürfen.“
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