Folge der Klimakrise

Massive Hitze: Der Planet fest im Schwitzkasten

Ausland
13.08.2021 06:00

Weltweit purzeln die Temperatur-Rekorde, Südeuropa liegt aktuell unter einer massiven Hitzeglocke, der Mittelmeerraum steht in Flammen. Die Aussichten sind wenig rosig.

Zyniker würden meinen: „Es ist heiß, weil eben Sommer ist.“ Doch die extremen Wetterereignisse der vergangenen Monate haben rund um den Globus gezeigt: Mit dem Klima stimmt was nicht. In Kanada (!) wurden knapp 50 Grad gemessen, eine beispiellose Flut hat in Deutschland fast 200 Tote gefordert und ganze Landstriche verwüstet. Und in Südosttschechien - praktisch vor unserer Haustür - tobte im Juni ein Tornado.

Eine gekühlte Notunterkunft in Lytton, Kanada, wo am 28. Juni 2021 ein Landesrekord von 47,9 Grad gemessen wurde.
 
 (Bild: KATHRYN ELSESSER)
Eine gekühlte Notunterkunft in Lytton, Kanada, wo am 28. Juni 2021 ein Landesrekord von 47,9 Grad gemessen wurde.

Jetzt ist es eine massive Hitzeglocke, die Europa im Schwitzkasten hält. Auf der süditalienischen Insel Sizilien wurde - wie berichtet - mit 48,8 Grad der Allzeit-Rekord pulverisiert. Die Hitzewelle rollt in Richtung Norden über den Kontinent hinweg. Der Hitzerekord in Österreich liegt bisher bei 40,5 Grad, gemessen am 8. August 2013 in Bad Deutsch-Altenburg (NÖ). Und auch bei uns bleibt es in den kommenden Tagen hochsommerlich mit Temperaturen jenseits der 30 Grad - für viele Menschen eine gesundheitliche Belastung.

Vorboten einer neuen „Wetter-Normalität“?
Der aktuelle Bericht des Weltklimarates zeichnet bekanntlich kein rosiges Bild - auch mit einschneidenden Auswirkungen für Österreich, wie Marc Olefs, Abteilungsleiter der Klimaforschung bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), gegenüber der „Krone“ erklärt: „2015 hatten wir in Wien in einem Extremjahr knapp 40 Hitzetage - das sind Tage mit einer Höchsttemperatur von mehr als 30 Grad. Wenn wir so weitermachen, dann könnte das gegen Ende des Jahrhunderts zum neuen Normal werden“, sagt Olefs. „Hitze ist bereits heute jene Naturgefahr in Österreich, die die meisten Todesfälle hervorruft - mehr als Stürme, Hochwasser oder Lawinen.“ Im Schnitt der vergangenen Jahre gab es mehr als 200 Hitzetote pro Jahr.

In Rom (39 Grad, über 40 Grad erwartet) werden, etwa beim Kolosseum, kostenlose Wasserflaschen an Touristen verteilt. (Bild: Andrew Medichini)
In Rom (39 Grad, über 40 Grad erwartet) werden, etwa beim Kolosseum, kostenlose Wasserflaschen an Touristen verteilt.

Abseits der hohen Temperaturen wirkt sich die Klimakrise anderweitig negativ aus: durch zunehmende Dürreereignisse, häufigere und intensivere Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Überflutungen - und Hagel. Das alles kommt teuer: „Bereits jetzt sind wir bei einer Milliarde Euro an Kosten für direkte Schäden. Manche indirekten nicht mitgerechnet. Die Kosten würden steigen, in Abhängigkeit davon, wie stark wir es schaffen, die Emissionen zu reduzieren“, so Olefs.

Es brauche dem Experten zufolge zwar einen großen systemischen Wandel, aber „jeder von uns ist ein kleines Zahnrad in der großen Maschine“. Es bedürfe enormer gesellschaftlicher Anstrengungen, um unseren Lebensstandard halten und die Emissionen herunterschrauben zu können. Eine Herkulesaufgabe. Olefs: „Das heißt aber nicht, dass wir uns alle nur noch vegan ernähren müssen und nie mehr in ein Flugzeug steigen dürfen.“

Heißes Wetter als Gesundheitsrisiko
Was passiert bei 40 Grad und mehr in unserem Körper? Rotkreuz-Chefarzt Wolfgang Schreiber spricht über die gesundheitliche Gefahr bei großer Hitze.

„Krone“: Wie wirken hohe Temperaturen auf den Körper?
Wolfgang Schreiber: Bei Hitze beginnt man zu schwitzen. Auf diese Weise versucht der Organismus, sich selbst zu kühlen, und verhindert, dass die Temperatur im Inneren zu hoch wird. Doch dabei gelangt der Organismus irgendwann an seine Grenze. Vor allem bei alten Menschen und Kleinkindern ist dieser Kompensationsmechanismus recht schnell erschöpft. Dann kann die Körpertemperatur gefährlich ansteigen. Die Blutgefäße weiten sich, es kommt zu starkem Blutdruckabfall und erhöhter Herzfrequenz.

Wolfgang Schreiber ist Chefarzt des Österreichischen Roten Kreuzes. (Bild: ÖRK/Markus Hechenberger)
Wolfgang Schreiber ist Chefarzt des Österreichischen Roten Kreuzes.

Ab wie viel Grad leidet die Gesundheit?
Menschen reagieren sehr individuell auf Hitze. Für alte Personen kann es durchaus schon ab 30 Grad gefährlich werden. Gesunde Erwachsene spüren mitunter ab etwa 35 Grad Kreislaufprobleme. Ab 40 Grad Umgebungstemperatur steigt das Schädigungspotenzial.

Werden dabei die Organe dauerhaft beeinträchtigt? Welche Vorgänge führen zum Tod?
Bei rechtzeitigem Eingreifen - etwa Kühlung, Flüssigkeitszufuhr - sind Hitzeschäden reversibel. Ab 45 Grad im Schatten über mehrere Stunden und ohne zeitnahe Maßnahmen lassen sich die Auswirkungen nicht mehr rückgängig machen. Durch die erweiterten Gefäße und den Blutdruckabfall werden damit auch Zellen nicht mehr ausreichend mit Nähr- und Sauerstoff versorgt. Das betroffene Gewebe stirbt ab. Es kommt unter anderem zu Herz-Kreislauf- und Nierenversagen (sogenanntes Multiorganversagen). In Österreich erreichen wir solche Temperaturen aber derzeit zum Glück noch nicht.

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