Mittelalter-Praktiken
Taliban führen Diebe am Strick durch die Stadt
Es sind verstörende Aufnahmen: In Afghanistan sorgen Videos und Bilder von zwei mutmaßlichen Straftätern für Aufregung, die Berichten zufolge von militant-islamistischen Talibankämpfern an einem Strick durch die Stadt geführt wurden.
In den in sozialen Netzwerken kursierenden Videos ist zu sehen, wie die Männer, deren Gesichter mit schwarzer Farbe bemalt sind, erst auf ein Podest gestellt und dann an einem Strick über eine Straße geführt werden.
Eine unabhängige Bestätigung für die Echtheit der Aufnahmen gab es zunächst nicht. Zuerst hatten unter anderem die deutsche „Bild“ und die britische „Daily Mail“ berichtet und von der „Rückkehr der mittelalterlichen Taliban-Praktiken“ geschrieben.
Männer rufen „Lang lebe das Islamische Emirat Afghanistan“
In einem Video, das nahe des Podests gefilmt wurden, rufen die Männer „Gott ist groß“ und „Lang lebe das Islamische Emirat Afghanistan“. Als „Islamisches Emirat Afghanistan“ bezeichneten die Taliban das Land vor dem Einmarsch der US-Truppen im Jahr 2001.
Aufnahmen aus der Stadt Herat im Westen des Landes
In einem Video, das von einem Wohnhaus die Szene filmt, kommentiert ein Mann, dass die Taliban einen Dieb festgenommen hätten und sie nun in Richtung Mastufijat-Platz gehen würden. Was im Video nicht mehr zu sehen ist: Am Ende sollen die Taliban-Kämpfer beiden Dieben die rechte Hand abgeschnitten haben. Auch dafür gab es bislang aber keine unabhängige Bestätigung.
Bewohner der Stadt Herat im Westen des Landes bestätigten, dass die Aufnahmen in Herat gemacht wurden. Die Taliban hatten die drittgrößte Stadt des Landes am Donnerstag erobert. Ein bekannter afghanischer Journalist hatte die Bilder von dem Vorfall geteilt und kommentiert, dieser habe sich am Freitag nach dem Freitagsgebet zugetragen.
Zuletzt gab es vereinzelt Berichte, dass die Taliban in den von ihnen eroberten Gebieten wie während ihrer früheren Herrschaft von 1996 bis 2001 wieder unmenschliche und drakonische Strafen verhängen. Die „New York Times“ berichtete Ende Juli, dass Taliban in einer Stadt nördlich von Lashkargah zwei Männer für alle sichtbar am Eingangstor zur Stadt gehängt hätten. Die Männer seien beschuldigt worden, Kinder entführt zu haben.
Taliban nahmen Großstadt Mazar-i-Sharif ein
Taliban-Kämpfer haben am Samstag mit der Großstadt Mazar-i-Sharif die letzte Hochburg der afghanischen Regierung im Norden des Landes eingenommen. Sicherheitskräfte flohen zur usbekischen Grenze, wie ein Provinzbeamter am Samstag laut Reuters mitteilte. Zugleich rücken die militant-islamischen Truppen immer näher an die Hauptstadt Kabul heran, während westliche Staaten sich beeilten ihr eigenes Personal und afghanische Ortskräfte in Sicherheit zu bringen.
Großbritannien kündigte den Einsatz von 600 Spezialkräften an, um die Ausreise britischer Staatsbürger zu unterstützen. Diese Operation hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums bereits begonnen. Der größte Teil der Botschaftsmitarbeiter soll nach Angaben von Premierminister Boris Johnson schon in den kommenden Tagen nach Großbritannien zurückkehren. Johnson betonte am Freitag, es gebe „keine militärische Lösung“ für das Land.
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