Nach Taliban-Vorstoß
Kabul: „Friedliche Machtübergabe“ angekündigt
Die afghanische Regierung hat angesichts der bis an den Stadtrand der Hauptstadt Kabul vorgerückten Taliban eine „friedliche Machtübergabe“ angekündigt. „Es wird keinen Angriff auf die Stadt geben“, sagte Innenminister Abdul Sattar Mirsakwal am Sonntag in einer aufgezeichneten Ansprache. Demnach soll eine „Übergangsregierung“ gebildet werden.
Zuvor hatte das Innenministerium berichtet, dass die Taliban bereits mit dem Angriff auf Kabul begonnen hätten. Die Sicherheit der Hauptstadt sei garantiert, versprach der Innenminister jetzt. Mirsakwal rief die Menschen dazu auf, keiner Propaganda anheimzufallen. „Die Leute brauchen sich keine Sorgen zu machen, die Stadt ist sicher“, erklärte er. Jeder, der Unordnung in der Stadt verursache, werde in Übereinstimmung mit dem Gesetz behandelt.
Taliban bestätigen Gespräche
Kurz zuvor hatte ein Taliban-Sprecher der BBC gesagt, er könne bestätigen, dass es Gespräche mit dem Präsidentenpalast über eine friedliche Machtübernahme gebe. Der Leiter des Hohen Rates für Nationale Versöhnung, Abdullah Abdullah, organisiere diese. Es werde eine neue Regierung angestrebt, an der alle Afghanen beteiligt seien, sagte der Sprecher. Er versicherte, dass die Rechte von Frauen respektiert würden. Frauen würden Zugang zu Bildung haben und auch arbeiten sowie alleine das Haus verlassen dürfen. Strafen wie Hinrichtungen, Steinigungen und Amputationen müssten von Gerichten entschieden werden. Medien solle eine kritische Berichterstattung erlaubt werden.
Afghanische Delegation soll in Katar verhandeln
Auch Verteidigungsminister Bismillah Chan Mohammadi erklärte in einer auf Facebook veröffentlichten Videoansprache, er als Vertreter der Streitkräfte garantiere die Sicherheit Kabuls. Die Menschen sollten nicht in Panik verfallen. Es sei bekannt, dass sich Präsident Ashraf Ghani mit heimischen Politikern getroffen habe und ihnen die Verantwortung übertragen habe, eine Delegation aufzustellen, die am Montag in die katarische Hauptstadt Doha reisen solle, um mit den Taliban eine Einigung zu erzielen. Die Sicherheit von Kabul werde aufrechterhalten, bis eine Einigung erzielt wird, sagte er.
Viele Menschen wollen indes aus der Stadt fliehen. Einwohner eilen zum Flughafen. Eine ARD-Journalistin schrieb auf Twitter von einer „angespannten, hektischen Stimmung“ (siehe unten). Berichten zufolge haben die Taliban ihre Kämpfer angewiesen, allen, die die Stadt verlassen wollen, sicheres Geleit zu gewähren.
Kabul war letzte Regierungsbastion
Die radikalislamischen Taliban hatten in den vergangenen Tagen eine afghanische Provinz nach der anderen eingenommen. Die Hauptstadt Kabul blieb daraufhin die letzte Bastion der Regierungstruppen. Die Kämpfer hätten nun Anordnung, an den Toren der Hauptstadt haltzumachen und nicht in die Stadt einzudringen, erklärte ein Taliban-Sprecher am Sonntag. Es gab aber Berichte, dass die Islamisten bereits in die Stadt vorgedrungen seien.
Russland kündigte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates zur Lage in Afghanistan an. „Wir arbeiten daran“, sagte ein Vertreter des Außenministeriums laut russischen Nachrichtenagenturen.
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