Expertin Ramsauer:

Aus Afghanistan-Fiasko die richtigen Lehren ziehen

Ausland
16.08.2021 06:00

Milliarden von Dollar wurden in den Aufbau der afghanischen Armee gepumpt. Die sich nun weitgehend kampflos einer Handvoll Taliban-Kämpfern ergibt. Eine klügere Investition wäre der Aufbau von Schulen und Universitäten gewesen. Aus dem Afghanistan-Fiasko müssen nun die richtigen Lehren gezogen werden. Eine Analyse von Expertin Petra Ramsauer, die als Journalistin viele Jahre aus Konfliktregionen berichtete.

Zwanzig Jahre Training durch die besten Armeen der Welt - jene der USA, aber auch die deutsche sowie die vieler anderer NATO-Staaten. 86 Milliarden US-Dollar wurden in den Aufbau der zuletzt 350.000 Mann starken afghanischen Nationalarmee gebuttert.

Die Flagge der Taliban wird jetzt überall in Afghanistan gehisst. (Bild: AP)
Die Flagge der Taliban wird jetzt überall in Afghanistan gehisst.

Doch kaum waren die internationalen Truppen weg, eroberten die zirka 60.000 Kämpfer der radikal-islamistischen Taliban-Miliz das Land per Handstreich. Die regulären Soldaten boten so gut wie keine Gegenwehr, vielmehr liefen sie in Scharen über.

Aufmunitioniert mit erbeuteten Waffen des Westens
Das brutale Taliban-Regime, 2001 mit einem internationalen Luftkrieg vertrieben, da es die Al-Kaida-Terroristen beherbergte, kehrt nun exakt am Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 zurück an die Macht. Aufmunitioniert mit erbeuteten Waffen, die der Westen an die geschlagene Armee geliefert hat, weiter unterstützt von Pakistan, mutmaßlich dem Iran und Russland.

Gescheitert ist der Westen nicht nur in Afghanistan. Eine humanitäre Intervention in Libyen 2011 führte das Land in einen fatalen Bürgerkrieg. Der Angriff auf den Irak 2003 wurde zum Nährboden für die Entstehung der Terrormiliz Islamischer Staat. Die Lehren daraus? Hände weg von Interventionen, auch wenn vitale Interessen im Spiel sind, wie 2001 in Afghanistan? Es wird aber auch in der Zukunft nötig sein, Bastionen von Terroristen, die weltweite Gefahr bedeuten, zu bekämpfen. Einzugreifen, wenn Machthaber ihr Volk mit Mord, Vertreibung und Folter bedrohen.

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Das Fiasko in Afghanistan ist eine bittere Lehre, hoffentlich aber auch ein Anstoß dafür, aus den verheerenden Fehlern zu lernen.

Journalistin Petra Ramsauer

Petra Ramsauer (Bild: ORF)
Petra Ramsauer

Eine Intervention ist auch Teil unserer (Erfolgs-)Geschichte. 1945 stoppten die Alliierten aber nicht mit dem Ende des Krieges, sondern mit der Stabilisierung des Friedens, boten den demokratischen Institutionen bis hin zu unseren Medien Starthilfen; legten mit dem Marshallplan das Fundament für Wohlstand.

Kleine korrupte, aber bequeme pro-westliche Elite subventioniert
Wäre von den 86 Milliarden US-Dollar, die in die afghanische Armee geflossen sind, nur die Hälfte in den Aufbau von Schulen und Universitäten geflossen: Wir würden nun die neue moderne Generation Afghanistans feiern, nicht Taliban 2.0 fürchten. Geld auch für Ausbildung war zwar da, aber es fehlte der Plan, die Bevölkerung aufzubauen, sie nicht einzig mit Anti-Terror-Drohnenangriffen zu drangsalieren, in Hunger und Armut zu belassen, während eine kleine korrupte, aber bequeme pro-westliche Elite subventioniert wurde.

Das Fiasko in Afghanistan ist eine bittere Lehre, hoffentlich aber auch ein Anstoß dafür, aus den verheerenden Fehlern zu lernen. Fluchtbewegungen oder internationale Terrornetzwerke lassen sich nicht allein mit Militärhilfe oder hochgerüsteten Grenzen verhindern oder bekämpfen. Es braucht die Entschlossenheit, ein Land, eine Gesellschaft aufzubauen.

Porträt von Kronen Zeitung
Kronen Zeitung
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