US-Botschaft evakuiert
Fluchtwelle, erste Tote: Chaos am Flughafen Kabul
Die radikal-islamischen Taliban haben nach ihrer überraschend schnellen Einnahme der afghanischen Hauptstadt Kabul Chaos ausgelöst. Viele Afghanen und Angehörige westlicher Botschaften versuchen, das Land über den Flughafen Kabul zu verlassen. Dort kam es zu Zusammenstößen: Das „Wall Street Journal“ berichtet, dass drei Menschen durch Schüsse am Flughafen getötet wurden. US-Soldaten, die den Flughafen bewachen, sollen in die Luft geschossen haben, um die Menge zu zerstreuen. Ob dabei jemand erschossen wurde, ist unklar.
Mehr Tote gibt es der Nachrichtenagentur Reuters zufolge. Ein Zeuge habe demnach gesehen, wie die Leichen von fünf Menschen zu einem Fahrzeug getragen wurden. Es sei unklar, ob die Opfer erschossen oder in einer Massenpanik niedergetrampelt worden seien. In Videos auf Twitter sind Schüsse zu hören.
Chaotische Szenen am Flughafen
Unter anderem haben die USA, Deutschland und Frankreich Militärmaschinen geschickt, um ihre Leute auszufliegen. Die US-Botschaft ist inzwischen komplett evakuiert. Obwohl die Taliban versprechen, dass Zivilisten nichts zu befürchten hätten, wird erwartet, dass die Extremisten hart gegen Gegner vorgehen. Auch deshalb versuchen weiterhin zahlreiche Afghanen, das Land über den Flughafen Kabul zu verlassen. Die BBC-Journalistin Nicola Careem teilte auf Twitter ein Video von Menschen, die versuchen, ein Flugzeug zu besteigen. „Die Menschen sind verzweifelt und verlassen“, schrieb sie. Es gebe keine Hilfsorganisationen vor Ort (siehe unten).
Rangeleien um begehrte Abflüge
Am Flughafen harrten auch Angehörige westlicher Botschaften aus. Es kam zu Rangeleien, da Abflüge gestrichen wurden. Die NATO hatte zuvor erklärt, der Airport sei für den zivilen Flugverkehr geschlossen worden. Der Flugbeobachtungs-Website flightradar24 zufolge flogen in der Nacht vereinzelt US-Militärmaschinen von Kabul ab. Die Umgebung des Flughafens wird von Tausenden US-Soldaten gesichert.
Botschaftspersonal harrt am Flughafen aus
Auf dem Gelände warteten Minister, Regierungsbeamte und andere Zivilisten verzweifelt auf Flüge ins Ausland. Dort befand sich auch deutsches Botschaftspersonal. Zuvor war die Evakuierung der US-Botschaft laut Außenministerium abgeschlossen worden. Alle Mitarbeiter wurden per Hubschrauber zum Flughafen gebracht. Medienberichten zufolge war zuvor bereits die US-amerikanische Flagge auf dem Gelände eingeholt worden. Noch Ende vergangener Woche hatte das Außenministerium betont, dass das Personal des riesigen Gebäudekomplexes zwar auf ein Minimum reduziert werden sollte, es sich aber nicht um eine Evakuierung der Botschaft handle.
Indes hat Deutschland begonnen, sein Personal aus der offiziellen Vertretung in Kabul zu holen. In der Nacht auf Montag landeten nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur 40 Mitarbeiter der deutschen Botschaft mit einem US-Flugzeug in Doha im Golfemirat Katar. An Bord der Maschine waren auch vier Angehörige der Schweizer Vertretung in Afghanistan. Österreich hat kein Botschaftspersonal in Kabul, Afghanistan wird von der pakistanischen Hauptstadt Islamabad aus betreut.
Deutschland bildet „Luftbrücke“ nach Kabul
In der Nacht schickte die deutsche Bundeswehr zwei Transportmaschinen vom Typ A400M nach Kabul. Sie sollen in den nächsten Tagen zentraler Bestandteil einer „Luftbrücke“ sein, über die neben den Botschaftsmitarbeitern auch andere deutsche Staatsbürger sowie Afghanen, die für die Bundeswehr oder die deutsche Regierung gearbeitet haben, nach Deutschland gebracht werden sollen. Fallschirmjäger der Bundeswehr unterstützen die Evakuierung.
Offene Flughäfen und Grenzübergänge gefordert
Die USA, Deutschland und rund 60 weitere Länder, darunter auch Österreich, fordern, Flughäfen und Grenzübergänge in Afghanistan müssten geöffnet bleiben. Jeder Ausreisewillige müsse das Land auch verlassen dürfen. Die Machthaber in Afghanistan seien verantwortlich für den Schutz von Menschenleben und die sofortige Wiederherstellung von Sicherheit und bürgerlicher Ordnung.
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