Vertreter der Grünen machen nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan verstärkt Druck auf das Innenministerium, um Abschiebungen in das Krisenland endgültig auszusetzen. Nachdem Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein erklärt hatte, dass sich das Thema nun erledigt habe, meldeten sich unter anderem der Tiroler Klubobmann Gebi Mair und die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, auf Twitter mit moralischen Appellen zu Wort.
„Wer jetzt noch findet, man soll Menschen nach Afghanistan abschieben, statt sie von dort zu retten, dem fehlt es entweder an Herz oder Hirn oder beidem“, lautete etwa Mairs Botschaft an die Verantwortlichen im Asylbereich, ohne den Koalitionspartner ÖVP und das türkis geführte Innenministerium direkt zu nennen.
Passiv bleiben für Grüne „keine Option“
Ernst-Dziedzic schrieb wiederum: „Alle, die jetzt nicht über akute Hilfe und Versorgung für die Fliehenden, sondern über Abschiebung reden - schämt euch einfach.“ In einer Aussendung des grünen Parlamentsklubs wurde Ernst-Dziedzic noch deutlicher und meinte, dass passiv zu bleiben und „auf ein moderates Taliban-Regime zu hoffen“ keine Option sei. „Es braucht dringend Konzepte und vor allem konkrete und zielsichere Maßnahmen, um die Zivilbevölkerung zu schützen sowie das Land und die Region zu stabilisieren.“
Sie fordert eine Sicherheitskonferenz auf europäischer Ebene unter Einbeziehung zentralasiatischer Nachbarländer Afghanistans. Zudem dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, man könne mit den Taliban „reguläre internationale Beziehungen pflegen“.
Stelzer warnt vor neuer Flüchtlingswelle
Ein Einlenken der ÖVP ist auch nach den Appellen nicht in Sicht. Stattdessen warnte Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer in der „Krone“ vor einer neuen Flüchtlingswelle wie im Jahr 2015: „Die Europäische Union darf sich von Migrationsströmen nicht wieder überraschen und überrollen lassen!“
Abschiebungen nach Afghanistan „völlig absurd“
Einen anderen Ton schlugen erwartungsgemäß die Hilfsorganisationen an. Diakonie-Asylexperte Christoph Riedl forderte von der Regierung „mehr Realitätssinn“ ein, denn: „Es ist beinahe eine trotzige Haltung angesichts des historischen Ereignisses, das sich gerade in Afghanistan abspielt. Statt sich zu überlegen, wie man möglichst vielen Menschen helfen kann, überlegt man weiterhin, wie man Menschen nach Afghanistan abschieben kann, was völlig absurd ist.“
Innenminister Nehammer wiederum kündigte vor dem Sonderrat der EU-Innenminister an, Abschiebezentren um Afghanistan vorzuschlagen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.