Corona in Afghanistan
Taliban und die Impfung: Viele Fragezeichen
Durch den Sieg der islamistischen Taliban in Afghanistan und das damit einhergehende Chaos tritt die Corona-Pandemie in dem Land zwar in den Hintergrund, sie ist aber freilich nicht verschwunden. Mit der faktischen Machtübernahme der Terrormiliz wird ein Rückfall in düstere Zeichen befürchtet. Schon in der Vergangenheit haben die Islamisten Impfverbote erlassen.
Zwar versicherte ein Taliban-Sprecher, die Machtübernahme solle „friedlich“ ablaufen und die Miliz strebe eine Regierung der „nationalen Einheit“ an. Doch die Erinnerung an die Schreckensherrschaft der Taliban in den 90er-Jahren lässt viele Afghanen für die Zukunft das Schlimmste befürchten. Fraglich ist, ob die Terrormiliz neben Musik, Drachensteigen und Schulunterricht für Mädchen auch die Corona-Impfung verbieten wird. Die Taliban haben schon mehrmals Impfverbote erlassen.
Polio-Impfung verboten
So untersagten die Islamisten 2012 in weiten Teilen Pakistans, in denen sie ebenfalls herrschen, den Menschen, ihre Kinder gegen Polio schützen zu lassen. Sie vermuteten hinter impfendem Gesundheitspersonal feindliche Spione. 2017 stoppten die Taliban Impfkampagnen in Teilen der südlichen Provinz Kandahar in Afghanistan. Die Kinderlähmung gilt fast überall auf der Welt als ausgerottet - dank Impfung. Nur in Afghanistan und Pakistan treten regelmäßig gehäuft Polio-Fälle auf.
Taliban unterstützten Corona-Impfkampagne
Mit Corona kam allerdings ein Sinneswandel: Als die Regierung die Impfkampagne gegen das Coronavirus in Afghanistan startete, wurde sie von den Islamisten unterstützt. Gestartet wurde mit 500.000 Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs, die Indien der Regierung in Kabul gespendet hatte. Zuerst wurden Gesundheitspersonal und Sicherheitskräfte geimpft. Ein Taliban-Sprecher sagte damals, dass die Miliz die Durchführung der Impfung „unterstützen und erleichtern“ werden. Fraglich ist, wie die Islamisten zur Immunisierung stehen, sollten sie tatsächlich wieder ein Emirat errichten.
Die Impfkampagne verläuft indes wenig verwunderlich sehr schleppend: Bis 11. August haben laut dem Portal Our World in Data gerade einmal knapp zwei Prozent der Bevölkerung zumindest eine Dosis erhalten.
In den vergangenen 28 Tagen wurden laut Daten der Johns-Hopkins-Universität fast 14.000 neue Fälle verzeichnet, es gab mehr als 1000 Corona-Tote. Insgesamt gab es in dem zentralasiatischen Land nach offiziellen Zahl bisher 7000 Menschen, die an dem Virus starben. Die tatsächliche Zahl von Infektionen und Sterbefällen dürfte weit höher liegen: Denn es fehlt an Testkapazitäten und das Gesundheitssystem in dem krisengebeutelten Land ist völlig unzureichend. Zudem sind die Daten lückenhaft: Es gibt nicht einmal ein nationales Sterberegister.
Im August 2020 kam eine vom Gesundheitsministerium veröffentlichte Studie zum Schluss, dass in dem Land mit seinen 38 Millionen Einwohnern bis zu zehn Millionen Menschen bereits infiziert gewesen sein könnten.
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