Burka statt Rechte
So leiden Afghaninnen unter dem Regime der Taliban
Nach der Eroberung der afghanischen Hauptstadt Kabul durch die Taliban hat sich das Leben der Afghaninnen auf einen Schlag verändert. Sie müssen jetzt fürchten, dass sie von der Terroristengruppe - wie in deren letzten Regierungszeit von 1996 bis 2001 - massiv unterdrückt werden. Schon kurz nach der Machtergreifung schildern viele Betroffene von der Verzweiflung und Angst, unter der sie nun leiden. Die hart erkämpften Frauenrechte sind nun wieder in weite Ferne gerückt. Statt Studium und Arbeitsplatz sind nun wieder Vollverschleierung und brutale patriarchale Strukturen angesagt.
Kaum hatte die Terrorgruppe die Kontrolle über Kabul erlangt, wurden Plakate, die unverhüllte Frauen zeigen, entfernt oder übermalt - unter der Herrschaft der radikalen Islamisten sind solche Darstellungen streng verboten. So wie das Stadtbild veränderte sich auch der Alltag von Afghaninnen. Sie müssen nun alle Hinweise darauf, dass sie zuvor berufstätig oder ein Studium begonnen haben, verbergen. Der „Guardian“ berichtete, dass zahlreiche Mädchen in Provinzen bereits verschleppt und versklavt worden sind.
Ohne Burka trauen sich Frauen nicht mehr nach draußen
Für die gebürtige Afghanin Soraya sind die Bilder und Videos nur schwer zu ertragen, erklärte sie im „Ö3-Wecker“: „Es tut wirklich weh.“ Die 24-Jährige, die in Wien lebt, hat noch Kontakt zu Bekannten in der Heimat. Eine Freundin würde gar nicht mehr das Haus verlassen, berichtet Soraya. „Nur die Männer gehen raus, kurz Lebensmittel einkaufen.“ Außer Bäckereien und Lebensmittelgeschäften hätte alles andere geschlossen - auch Schulen und Universitäten. Ein weiteres großes Problem für ihre Freundin: Sie habe gar keine Burka zu Hause. „Damit hätten wir schon die Chance, kurz rauszugehen“, hätte die Vertraute berichtet. Mit normaler Kleidung, wie Frauen früher in Kabul unterwegs gewesen seien, könne man nicht mehr nach draußen.
Die Filmemacherin Sahraa Karimi machte in einem Video in sozialen Medien auf die Situation von Frauen in Afghanistan aufmerksam. Sie geht darin in den Straßen der Hauptstadt und erklärt, dass die Islamisten gekommen seien, um zu töten. „Die Taliban haben Kabul eingenommen und wir sind in Gefangenschaft. Betet für uns“, sagt sie ängstlich im Video. Auf Twitter erzählt sie, dass sie in eine Bank gehen wollte, als die Taliban die Stadt bereits umzingelt hatten, um Geld zu holen - doch diese wäre dann geschlossen und evakuiert worden.
„Ich werde vier von euch heiraten, an nur einem Tag“
Eine afghanische Studentin wollte am Sonntagmorgen gerade eine Vorlesung besuchen, als eine Gruppe von Frauen auf sie zustürmte und sie warnte: Die Taliban haben Kabul eingenommen und würden jede Frau schlagen, die keine Burka trägt, berichtete die junge Frau in der Zeitung „Guardian“. Der Weg nach Hause gestaltete sich jedoch als äußerst schwierig: Die Fahrer von öffentlichen Verkehrsmitteln weigerten sich, Frauen mitzunehmen. Auch sie hätten Angst gehabt, weibliche Fahrgäste zu transportieren. Die verzweifelten Frauen, die nicht wussten, wie sie sich in Sicherheit bringen sollen, seien dabei noch von Männern ausgelacht worden: „Das sind eure letzten Tage auf der Straße.“ Ein Mann habe sie aufgefordert, eine Burka anzuziehen. „Ich werde vier von euch heiraten, an nur einem Tag“, scherzte ein anderer.
Betroffene: „Opfer eines Krieges, den Männer begonnen haben“
Die junge Afghanin blickt in eine ungewisse Zukunft - sie hätte im November zwei Studiengänge an den besten Universitäten Afghanistans abschließen sollen. Nun müssten sie und ihre Schwestern ihre Diplome, Ausweise und Zertifikate verstecken. „Im heutigen Afghanistan dürfen wir nicht mehr die Personen sein, die wir wirklich sind“, so die Studentin. „Als Frau fühle ich mich als Opfer eines politischen Krieges, den Männer begonnen haben“, so die Erzählerin. „Es schaut nun so aus, als könnte ich alles verbrennen, was ich die letzten 24 Jahren erreicht habe.“
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