Belege für Käuflichkeit und Postenschacher „im großen Stil“ habe der Ibiza-U-Ausschuss gefunden. Das sagte Fraktionschefin Nina Tomaselli, die am Dienstag den Abschlussbericht der Grünen präsentiert hat. Unter der türkis-blauen Regierung habe „still, heimlich und leise“ ein Umbau zugunsten von Freunden und Gönnern stattgefunden. Der Ausschuss habe alle Erwartungen übertroffen, obwohl er „mit allen Mitteln ausgebremst“ werden hätte sollen und sich die Abgeordneten „Akten erkämpfen“ hätten müssen, übte Tomaselli auch indirekt Kritik an Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).
Der Bericht skizziere ein „türkis-blaues Parallelsystem“, so Tomaselli: „Wir haben Selbstbereicherung gefunden, wir haben mutmaßlich Korruption gefunden.“ Eine der „wesentlichen Drehscheiben“ dafür sei das türkis geführte Finanzministerium gewesen. Thomas Schmid, damals dort Generalsekretär, sei bei allen Plänen „mittendrin statt nur dabei“ gewesen. Dessen Job als Alleinvorstand der ÖBAG, die Österreichs milliardenschwere Beteiligungen verwaltet, sei eine „geschobene Partie“ gewesen.
Neue Erkenntnisse zum Projekt „Edelstein“
Tomaselli sprach auch „heimliche“ Privatisierungspläne an, die die türkis-blaue Regierung ihr zufolge verschweigen wollte. Einer davon war das Projekt „Edelstein“, mit dem das Bundesrechenzentrum (BRZ) an die Post AG verkauft werden sollte. Ein brisantes Vorhaben: lagern doch im BRZ sensible Daten aller Österreicher wie Gesundheitsdaten und Steuerbescheide. Anders als behauptet, sei es nicht in der Ideenphase stecken geblieben, so die grüne Politikerin.
Pläne auch unter Regierung Bierlein weitergeführt
Sie präsentierte Erkenntnisse, wonach Projekt „Edelstein“ auch nach dem Platzen von Türkis-Blau unter der Übergangsregierung weitergeführt worden sei - mutmaßlich bis August 2019. Das würden Memos und ein Strategiepapier belegen. „Das war weit weg von der Anfangsphase und Brainstorming“, betonte Nina Tomaselli. Wegen des Datenskandals bei der Post wurde das Projekt schließlich eingestellt. Obwohl der Skandal aber schon im Jänner 2019 Wellen schlug, gebe es keinerlei Unterlagen, wonach die Pläne auf Datensicherheit überprüft worden wären, so der grüne Abschlussbericht.
Eingebunden war auch Bernhard Bonelli, noch immer Kabinettschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Dieser habe sich im Jänner 2019 erkundigt, ob beim BRZ alles „in die richtige Richtung“ laufe. Es sei aber unklar, ob es hier wirklich um das Projekt „Edelstein“ gehe, räumte Tomaselli ein.
Tomaselli: Neuer U-Ausschuss Sache der Opposition
Die angeführten Dokumente stammen aus der Aktenlieferung, die nach dem Exekutionsauftrag durch den Bundespräsidenten vom Finanzministerium an den Ibiza-U-Ausschuss geliefert wurden. Diese hätte man auch digital untersuchen können, so die grüne Fraktionschefin. Das Wissen aus den Akten gehe auch nicht verloren, merkte sie auf eine Journalistenfrage hin an. Die Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses sei ihrer Meinung aber Sache der parlamentarischen Minderheit, der Opposition. Um die Frage, ob die Grünen einen einsetzen wollen, wand sie sich herum.
Die Kritik an der türkis-blauen Regierung und die jetzige Koalition mit ÖVP-Politikern, die schon vor dem Ibiza-Skandal an der Macht waren, ist für Tomaselli kein Widerspruch. Im U-Ausschuss seien Fälle beurteilt worden, die in der Vergangenheit liegen. Für ihr Handeln müsse die ÖVP selbst die Verantwortung übernehmen.
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