„Kriege euch draußen“
Neuer Taliban-Führer war Insasse in Guantanamo
Unter jenen Terroristen-Anführern der Taliban, die nach der Eroberung der afghanischen Hauptstadt im Präsidentenpalast ihren Sieg feierten, befand sich auch ein ehemaliger Häftling des US-Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba. Sechs Jahre verbrachte Gholam Ruhani in der berüchtigten Strafanstalt, ehe er 2007 freigelassen wurde. Während seiner Zeit in Haft drohte er einmal einem Aufseher: „Wir werden euch draußen kriegen“, wie in seinem Gefängnis-Akt steht.
Kurz nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 wurde Ruhani festgenommen und er war einer der ersten Häftlinge, die in Guantanamo untergebracht wurden, berichtete die „New York Times“. Er galt als verdächtig, für den Geheimdienst der Taliban gearbeitet zu haben und soll auch als Fahrer eines Terror-Führers fungiert haben. Der heute 46-Jährige bestritt dies stets: Er sei nur ein „einfacher Ladenbesitzer“, der im Geschäft seines Vaters arbeite und habe sich auf der Seite der US-Amerikaner gesehen.
Freilassung trotz Einstufung als „mittlere“ Bedrohung
Als die Taliban 1996 erstmals die Herrschaft über Afghanistan erlangten, sei er gezwungen worden, sich ihnen anzuschließen, gab Ruhani zu Protokoll. Er habe allerdings nicht für die Terror-Organisation kämpfen wollen, weil er nicht am Schlachtfeld habe sterben wollen. Daher habe er nur administrative Aufgaben übernommen. Unter anderem sei er mit Garten- und Hausmeistertätigkeiten bei einer Polizeibehörde betraut gewesen. 2007 wurde er schließlich aus Guantanamo entlassen, war also sechs Jahre auf Kuba inhaftiert. Er müsse seinen kranken Vater in seinem Geschäft helfen, begründete er sein Ansuchen auf Enthaftung. Die Regierung unter Präsident George W. Bush stufte ihn zu diesem Zeitpunkt als „mittlere“ Bedrohung ein.
Schwager hatte hohe Stellung bei den Taliban
Ruhani sei laut den Akten, die in US-Medien veröffentlicht wurden, ein relativ pflegeleichter Insasse gewesen: Sein Verhalten wurde als „beschwerdefrei und nicht feindselig gegenüber der Wachmannschaft und dem Personal“ beschrieben. 15 Mal fiel er allerdings disziplinarisch auf: unter anderem, als er Aufsehern damit drohte, sie „draußen zu kriegen“. Dass sein Schwager eine hohe Stellung bei den Taliban hatte, war den Behörden vor seiner Freilassung bekannt und man vermutete auch, dass er sich nach seiner Freilassung einer Miliz anschließen könnte.
Mit dieser Behauptung sollten die US-Behörden recht behalten, wie die Bilder aus dem eroberten Präsidentenpalast in Kabul am Sonntag zeigten. In einer Siegesrede erwähnte Ruhani selbst, dass er einst Häftling in der berüchtigten Haftanstalt war, behauptet allerdings, es seien „fast acht Jahre“ statt sechs gewesen. Er wurde dort just an jenem Tag eingeliefert, an dem das Gefangenenlager eröffnet wurde.
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