„Schieben weiter ab“

Nehammer liefert sich Wortgefecht mit Journalistin

Politik
18.08.2021 15:30

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat sich am Mittwoch bei einem Pressestatement im Vorfeld des Sonderrats der EU-Innenminister einen Schlagabtausch mit einer ZDF-Journalistin geliefert. Zunächst antwortete er auf ihre Frage, in welchem der Nachbarländer Afghanistans sich eine Frau sicher fühlen würde: „Wir haben von den 44.000 Afghanen, die in Österreich leben, circa 66 Prozent Männer.“ Als eine österreichische Journalistin nachhakte, dass Österreich ja auch keine Afghanen aufnehmen wolle, sagte er: „Das ist einfach falsch. [...] Ich weise das entschieden zurück, denn das wird der Stellung Österreichs innerhalb der EU überhaupt nicht gerecht.“

Daraus entwickelte sich ein Wortgefecht über die Stellung der Frau bei den radikal-islamischen Taliban und die Sicherheit von Frauen in den Nachbarländern Afghanistans im Allgemeinen. Der Innenminister stellte die Gegenfrage, ob etwa alle Frauen aus der Region nach Europa kommen sollten. Unter den derzeit 2500 in Österreich offenen Asylverfahren von afghanischen Staatsbürgern seien laut Nehammer 2100 Männer. Das alles passiere deshalb, „weil der EU-Außengrenzschutz derzeit mangelhaft“ sei.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) (Bild: APA/BKA/Florian Schrötter)
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)
Frauen in Burkas in Kabul. Ohne den Ganzkörper-Schleier dürften Frauen unter dem Taliban-Regime das Haus nicht verlassen. Jetzt droht ihnen erneut ein Leben in Unterdrückung. (Bild: AFP)
Frauen in Burkas in Kabul. Ohne den Ganzkörper-Schleier dürften Frauen unter dem Taliban-Regime das Haus nicht verlassen. Jetzt droht ihnen erneut ein Leben in Unterdrückung.

Europäische Union „darf keinen Exodus auslösen“
Die ZDF-Journalistin ließ daraufhin „ganz bewusst ihre ganz persönliche Meinung“ einfließen und sagte, die Frauen sollten ein würdiges Leben haben und wenn das bedeute, dass sie in Europa verteilt werden sollten, wäre das „ein großer Fortschritt für die europäischen Menschenrechte“. „Glauben Sie mir, wir werden in Europa diese Herausforderung nicht alleine stemmen können“, antwortete Nehammer. Man könne als Europäische Union keinen Exodus auslösen, sondern es gelte viel mehr, „Regionen zu stabilisieren, Hilfe vor Ort zu leisten und Systemveränderungen herbeizuführen“.

Davor ging Nehammer auf die dramatische Situation in Afghanistan ein. Eines sei für die Europäische Union jedenfalls klar: „2015 darf sich keinesfalls wiederholen.“

„Ziel muss sein, Menschen in der Region zu halten“
Es brauche ein koordiniertes und geschlossenes Vorgehen der EU. Österreich werde sich laut Nehammer mit drei Punkten in die Diskussion einbringen. Zum einen sei es wichtig, Hilfe vor Ort zu leisten und die Nachbarländer Afghanistans dabei zu unterstützen, mögliche Flucht- und Migrationswellen aufzufangen. „Das Ziel muss es sein, den Großteil der Menschen in der Region zu halten“, so Nehammer. Diese nachbarschaftliche Hilfe sei auch ganz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.

„Österreich schiebt weiterhin Afghanen ab“
Darüber hinaus müsse man sich auch wieder besonders um den EU-Außengrenzschutz kümmern, weil Migrationswellen „immer auch Terroristen die Chance bieten, darin unterzutauchen und dann Unheil und Gewalt nach Europa zu bringen“. Damit verbunden sei auch der Kampf gegen die organisierte Kriminalität, die „schamlos das Leid der Menschen benutzt, um Geld zu machen“. Nehammer stellte klar, dass Österreich weiterhin Afghanen nach europarechtlichen Möglichkeiten abschiebe.

Dort wo das laut europäischer Menschenrechtskonvention rechtlich nicht möglich sei, gebe es Alternativen. Hier sei es der österreichische Vorschlag an die EU, „Abschiebezentren in den Nachbarländern Afghanistans zu schaffen“. Das sei deshalb wichtig, weil Rechtsstaatlichkeit auch in einer Krise glaubwürdig sein müsse. So solle es weiterhin möglich sein, gewalttätige Asylwerber abzuschieben. Dazu brauche es die EU, um Verhandlungen auf Augenhöhe führen zu können.

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