Devisen im Ausland

Zugriff verwehrt: Keine Milliarden für die Taliban

Ausland
19.08.2021 10:31

Die radikal-islamistischen Taliban haben zwar Kabul erobert, eine wichtige Sache bleibt ihnen aber verwehrt: Sie haben keinen Zugang zu den milliardenschweren Devisenreserven Afghanistans, sagt der Zentralbankchef des Landes. Die Notenbank kontrolliere etwa neun Milliarden Dollar (7,7 Milliarden Euro), so der ins Ausland geflohene Gouverneur Adschmal Ahmadi. Davon befänden sich allein sieben Milliarden Dollar in Form von Bargeld, Gold oder Anleihen bei der US-Zentralbank.

Auch der Restbetrag liege überwiegend nicht in afghanischen Tresoren herum, sondern befinde sich auf anderen internationalen Konten - etwa in der Schweiz, erklärte Ahmadi am Mittwoch auf Twitter. Nur maximal 0,2 Prozent der Reserven seien den Taliban zugänglich. Weil in Afghanistan bisher deutlich mehr US-Dollar ausgegeben als eingenommen wurden, war die Zentralbank zudem auf regelmäßige Lieferungen von US-Bargeld angewiesen. „Der Betrag des verbleibenden Bargelds ist nahezu null, da die Lieferungen eingestellt wurden, nachdem sich die Sicherheitslage verschlechtert hat“, so Ahmadi. Die internationalen Reserven seien nicht gefährdet. „Kein Geld wurde von einem Reservekonto gestohlen“, fügte er hinzu.

Taliban fragten Bankmitarbeiter nach Verbleib des Geldes
Die Taliban haben die Staatskasse ebenso wie öffentliche Einrichtungen und Regierungsbüros als Eigentum der Nation bezeichnet. Ahmadi sagte, ihm sei erzählt worden, dass die Taliban Bankmitarbeiter nach dem Verbleib von Vermögenswerten befragt hätten.

USA froren Konten ein
Indes haben die US-Regierung und die Notenbank den Großteil von Afghanistans Währungsreserven eingefroren. Es gehe darum, die Anlagen nicht in die Hände der Taliban fallen zu lassen, zitierte unter anderem die „Washington Post“ Kreise aus dem US-Finanzministerium. Zudem setzt der Internationale Währungsfonds den Zugang des Landes zu seinen Ressourcen wegen der unklaren Machtverhältnisse aus. Umgerechnet 318 Millionen Euro an Währungsreserven, die im August hätten ankommen sollen, werden nicht geliefert.

„Inflation wird steigen“
Zentralbankchef Ahmadi erwartet nun, dass die Landeswährung Afghani abwerten werde. Grund dafür sei, dass die Zentralbank den heimischen Banken nicht genügend Dollar zur Verfügung stellen könne. Gleichzeitig dürften die Taliban Kapitalkontrollen anwenden, um Abflüsse ins Ausland zu verhindern. „Die Inflation wird steigen“, sagte der Notenbanker. Dadurch würden Lebensmittel teurer: „Das wird den Armen schaden.“

Präsident Ghani floh angeblich mit 169 Millionen Dollar im Gepäck. (Bild: APA/AFP/WAKIL KOHSAR)
Präsident Ghani floh angeblich mit 169 Millionen Dollar im Gepäck.

Entmachteter Präsident: Kein Geld mitgenommen
Indes hat der entmachtete afghanische Präsident Ashraf Ghani Berichte dementiert, wonach er bei seiner Flucht vor den Taliban große Mengen Bargeld mitgenommen habe. Das seien Lügen, teilte Ghani in einem Video auf Facebook aus seinem Exil in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit. Er sei gezwungen gewesen, Kabul lediglich mit Kleidung und Sandalen zu verlassen. Er sei ins Exil gegangen, um „ein Blutvergießen und eine große Katastrophe zu verhindern“. Regierungsvertreter hätten ihm dazu geraten.

Nach Angaben der russischen Botschaft in Kabul vom Montag war Ghani mit vier Wagen und einem Hubschrauber voller Geld aus Afghanistan geflohen. Laut dem afghanischen Botschafter in Tadschikistan hatte Ghani 169 Millionen Dollar (rund 144 Millionen Euro) im Gepäck.

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