„Hatten wir noch nie“
Erstmals Regen statt Schnee auf Gipfel in Grönland
Zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen ist am höchsten Punkt des Inlandeises in Grönland Regen gefallen. In einer Höhe von drei Kilometern über dem Meeresspiegel gab es bislang nur Schneefall. Aufgrund des rasant fortschreitenden Klimawandels kam dieser aber nun in flüssiger Form am Boden an. Die Extremwettereignisse in der Region haben zuletzt ganz generell deutlich zugenommen.
Die Temperaturen in der extrem abgelegenen Region lagen am vergangenen Wochenende bereits zum dritten Mal in weniger als einem Jahrzehnt über dem Gefrierpunkt. Durch die warme Luft gingen etwa sieben Milliarden Tonnen Wasser auf dem Eisschild nieder, wie das National Snow and Ice Data Center (NSIDC) berichtete. Das war zudem der stärkste Niederschlag in der Region seit 1950 (Beginn der Aufzeichnungen).
Besonders dramatisch: Auch die Menge an verlorener Eismasse lag an dem Sonntag rund siebenmal höher als im Tagesdurchschnitt für diese Jahreszeit. „Was hier vor sich geht, sind nicht nur ein oder zwei warme Jahrzehnte in einem wandernden Klimamuster“, rief Ted Scambos, Leiter des NSIDC, gegenüber CNN den Klimawandel in Erinnerung.
Die Gipfelstation der National Science Foundation befindet sich am höchsten Punkt des grönländischen Eisschildes, wo Wissenschaftler das arktische Wetter und Veränderungen des Eises beobachten können. Der Großteil des Regens am Wochenende fiel demnach von der Südostküste Grönlands bis zur Gipfelstation.
Eisschild schmilzt massiv
Die Forscher stellt das vor ungeahnte Probleme: „Wir müssen nun Wetterereignisse berücksichtigen, die wir noch nie zuvor in der Geschichte unserer Tätigkeit vor Ort hatten“, erklärte Jennifer Mercer vom NSDIC. „Zunehmende Wetterereignisse wie das Schmelzen, starke Winde und jetzt Regen sind in den vergangenen zehn Jahren außerhalb des als normal geltenden Bereichs aufgetreten“, sagte Mercer. „Und diese scheinen immer häufiger vorzukommen.“
Alleine im Juli erlebte Grönland eines der bedeutendsten Schmelzereignisse. Im Norden der Insel herrschten nach Angaben der dänischen Wetterbehörde zuletzt Temperaturen von mehr als 20 Grad Celsius - doppelt so viel wie durchschnittlich im Sommer. Alleine diese enorme Hitzewelle sorgte für einen dauerhaften globalen Anstieg des Meeresspiegels um 1,5 Millimeter.
Meeresspiegel könnte um sieben Meter ansteigen
Laut einer im Jänner veröffentlichten europäischen Studie wird der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um zehn bis 18 Zentimeter ansteigen - oder 60 Prozent schneller als bisher angenommen -, wenn der grönländische Eisschild so schnell schmilzt wie jetzt. Würde das Grönland-Eis vollständig schmelzen, würde der Meeresspiegel um sechs bis sieben Meter ansteigen. „Wir überschreiten Grenzen, die seit Jahrtausenden unangetastet waren - und ehrlich gesagt wird sich dies nicht ändern, bis wir unser Verhalten anpassen“, so Mercer.
Fakten
Der zweitgrößte Eisschild nach der Antarktis mit einer Fläche von fast 1,8 Millionen Quadratkilometern, der Grönland bedeckt, bereitet den Wissenschaftlern Sorgen, da sich die Erwärmung in der Arktis dreimal schneller vollzieht als anderswo auf der Welt. Das Abschmelzen des Eisschildes begann 1990 und beschleunigt sich seit dem Jahr 2000. Der Massenverlust der vergangenen Jahre ist den Forschern zufolge etwa viermal so groß wie vor 2000.
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