Herzzerreißendes Bild
Verzweifelte in Kabul übergeben Baby an Soldaten
Kaum ein Bild drückt so viel Verzweiflung aus wie jenes, das seit Donnerstag um die Welt geht: Eltern übergaben am Flughafen von Kabul ein Baby über einen mit Stacheldraht gesicherten Zaun an US-Soldaten, damit es in Sicherheit gebracht wird. Als sie diesen Schritt wagten, wussten sie nicht, ob sie ihr Kind je wiedersehen würden. Mittlerweile dürften aber die verletzte Mutter und sein Vater ebenfalls gerettet worden sein. Tausende weitere Afghanen hoffen unterdessen noch immer auf eine Gelegenheit, nach der Machtübernahme der Taliban außer Landes zu kommen. Am und rund um den Flughafen herrschen Chaos und Gewalt.
Bereits den fünften Tag in Folge hält der Ansturm der Menschen, die auf das Flughafengelände in Kabul gelangen wollen, an. Trotz aller Gefahren. So schrieb eine Beraterin der afghanischen Mission bei den Vereinten Nationen in den USA auf Twitter, einem Familienmitglied sei am Donnerstag am Hamid Karzai International Airport in den Kopf geschossen worden. Auf dem Weg zum Flughafen erlitt am Freitag ein Deutscher, ein Zivilist, eine Schussverletzung.
Wenigstens die Kinder sollen dem Terror entkommen
Doch kaum eine Szene gibt der Verzweiflung ein deutlicheres Gesicht als jene, in der ein US-Soldat ein Baby entgegennimmt, um es in Sicherheit zu bringen. Wenigstens das Kleine sollte dem Terror entkommen, so die Hoffnung der Eltern, die laut Europaparlamentarier Erik Marquardt (Grüne) offenbar danach ebenfalls gerettet werden konnten.
Noch „einige Dutzend“ Österreicher in Afghanistan
Laut Angaben der US-Armee versuchen 6000 Menschen noch immer, das Land zu verlassen - Afghanen und Ausländer, deren Evakuierung längst noch nicht abgeschlossen ist. So halten sich „einige Dutzend“ Österreicher mit afghanischen Wurzeln laut Außenministerium derzeit noch in und um Kabul auf. Vier Personen konnten bisher mit deutschen Evakuierungsflügen außer Landes gebracht werden.
Die Nerven liegen bei vielen Menschen blank. Am Eingang zum zivilen Teil des Flughafens feuerten Taliban-Kämpfer in die Luft und schlugen mit Peitschen, um die Leute zu vertreiben, wie ein Augenzeuge der dpa berichtete.
Der Zeitdruck wächst: Die USA wollen eigentlich bis zum 31. August den Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan abschließen. Vom Schutz durch die derzeit 5200 US-Soldaten hängen aber die Evakuierungseinsätze anderer Streitkräfte wie beispielsweise der deutschen Bundeswehr ab. Nicht nur Deutschland versucht derzeit nach der Machtübernahme der Taliban, Landsleute und Ortskräfte aus Kabul außer Landes zu bringen - doch der Weg durch die afghanische Hauptstadt wird für die Schutzsuchenden zum Überlebenskampf.
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