Mit dem Plan, auf iPhones und anderen Apple-Geräten künftig vollautomatisch nach Nacktfotos und Kinderpornos zu scannen, um Minderjährige zu schützen und Pädophile zu entlarven, hat der US-Computerkonzern Apple den Unmut zahlreicher IT-Security-Spezialisten, Bürgerrechtler und Datenschützer auf sich gezogen. Ein internes Chatprotokoll zweier Apple-Manager wirft nun Licht auf die Gründe für Apples Vorpreschen. „Wir sind die größte Plattform für Kinderpornos“, schreibt in dem Chat ein hochrangiger Apple-Manager einem anderen.
Das berichtet das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ unter Berufung auf Chatprotokolle, die im Zuge des laufenden Gerichtsverfahrens zwischen „Fortnite“-Entwickler Epic Games und Apple im Streit um App-Store-Gebühren öffentlich wurden. In dem Chatprotokoll tauschen sich demnach die beiden Apple-Führungskräfte Eric Friedman und Herve Sibert über Kinderpornos in Apple-Diensten wie iMessage oder iCloud aus. Die beiden Manager sind in Apples IT-Security-Abteilung tätig.
Bei Facebook dreht sich alles um die Sicherheit, bei der Privatsphäre sind sie mies. Unsere Prioritäten sind umgekehrt. Das ist der Grund, wieso wir die größte Plattform zur Verbreitung von Kinderpornos sind.
Apple-Manager Eric Friedman in einem internen Chat
Der Schriftwechsel datiert auf Februar 2020, die Manager unterhalten sich darin über das Spannungsfeld zwischen Privatsphäre und Strafverfolgung. Friedman schreibt in dem Chat: „Bei Facebook dreht sich alles um die Sicherheit, bei der Privatsphäre sind sie mies. Unsere Prioritäten sind umgekehrt. Das ist der Grund, wieso wir die größte Plattform zur Verbreitung von Kinderpornos sind.“
Sibert fragt seinen Kollegen Friedman ungläubig, ob das tatsächlich so sei. Er habe gedacht, andere Filesharing-Tools seien für Kriminelle attraktiver als Apple-Dienste. Friedman erwidert allerdings: „Ja.“
Die im Schriftverkehr wiedergegebenen Ansichten dürften der Privatmeinung des Apple-Managers entsprechen, werden in dem Chatprotokoll nicht mit Zahlen untermauert. Sie zeigen aber, wieso Apple sich zuletzt so für die Überwachung von Fotos am iPhone und anderen Apple-Geräten starkmachte: Offenbar sind Kinderpornos und die Nutzung durch Pädophile für den iPhone-Konzern ein größeres Problem, als gedacht. Sibert schreibt in dem Chat der beiden Manager: „Und die Privatsphäre macht uns den Kampf dagegen nicht leichter.“
Kontroverse Debatte um Foto-Überwachung
Resultat der verstärkten Bemühungen Apples im Kampf gegen Kinderpornos ist der nun angekündigte Nacktfoto- und Kinderporno-Detektor, der künftig auf Betriebssystemebene in Apple-Geräten eingebaut sein soll. Er gleicht Fotos am Gerät des Nutzers anhand eines Hash-Wertes - eine digitaler Fingerabdruck - mit einer Datenbank bekannter kinderpornographischer Aufnahmen ab.
Bei einem Treffer sichtet Apple die Bilder und leitet über eine Partner-NGO gegebenenfalls eine Anzeige in die Wege. Die Technologie soll auch auf Geräten Minderjähriger eingesetzt werden, um beim Versand oder Empfang von Nacktbildern die Eltern zu alarmieren. NGOs, Bürgerrechtler und Datenschützer kritisieren, dass Apple damit zwar ein hehres Ziel verfolge, gleichzeitig aber Tür und Tor für globale Massenüberwachung öffne.
Lassen Sie sich nicht täuschen: Wenn Sie heute nach Kinderpornos scannen können, können sie morgen nach allem scannen.
Edward Snowden
Zahlreiche NGOs haben Apples Pläne kritisiert und gefordert, die Einführung des Kinderporno-Detektors zu überdenken. Besonders deutliche Worte fand der Ex-US-Geheimdienstler Edward Snowden in seinem russischen Exil, der 2013 die globale Massenüberwachung amerikanischer Geheimdienste aufgedeckt hat. Snowden: „Egal, wie gut das gemeint ist, Apple erlaubt damit Massenüberwachung auf der ganzen Welt. Lassen Sie sich nicht täuschen: Wenn Sie heute nach Kinderpornos scannen können, können sie morgen nach allem scannen.“
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