Sieben Todesfälle
Taliban: USA für Chaos am Flughafen verantwortlich
Die radikalislamischen Taliban haben die US-Streitkräfte für die chaotischen Szenen am Kabuler Flughafen verantwortlich gemacht. Amerika habe es nicht geschafft „Ordnung zu schaffen“, so ein hochrangiger Beamter. Im Gedränge vor dem Flughafen in der afghanischen Hauptstadt kamen nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums vom Sonntag bereits sieben Afghanen ums Leben. Die UNO warnte indes vor einer „humanitären Katastrophe“.
„Im ganzen Land herrscht Frieden und Ruhe, nur am Flughafen von Kabul herrscht Chaos“, zeigte sich der Taliban-Sprecher von der eskalierten Situation überzeugt. Mehrere Tausend Menschen harren vor dem Hamid- Karzai-Airport noch aus, um das Land nach der Machtübernahme der Taliban zu verlassen. Die US-amerikanische sowie die deutsche Botschaft in Kabul hatten vor Versuchen gewarnt, auf eigene Faust zum Flughafen zu gelangen.
Taliban weisen Kritik von sich
Unterdessen versuchten die Taliban Befürchtungen entgegenzutreten, dass es im Zuge der Machtübernahme zu Vergeltungsaktionen gegen Vertreter der bisherigen Regierung komme. Ein Vertreter der Islamistischen Bewegung sagte der Nachrichtenagentur Reuters, in den kommenden Tagen werde es Treffen mit früheren Gouverneuren und Behördenvertretern aus mehr als 20 der insgesamt 34 Provinzen geben.
Dabei gehe es um deren Sicherheit und die Frage von Kooperationen. „Wir zwingen keinen früheren Regierungsvertreter, uns beizutreten oder seine Loyalität zu beweisen. Sie haben das Recht, das Land zu verlassen, wenn sie das wollen“, sagte die Person, die namentlich nicht genannt werden wollte. Ferner bemühten sich die Taliban um Klarheit über die Rückzugspläne der ausländischen Kräfte. „Die Bewältigung des Chaos um den Flughafen von Kabul ist eine komplexe Aufgabe.“
„Absolute Katastrophe“ droht
Die „ohnehin schon schreckliche Situation“ könnte sich zu einer „absoluten Katastrophe“ entwickeln, warnte unterdessen die Afghanistan-Direktorin des Welternährungsprogramms (WFP), Mary-Ellen McGroarty, in der britischen Sonntagszeitung „The Observer“. Das WFP schätzt, dass von den etwa 38 Millionen Menschen in Afghanistan heute schon 14 Millionen nicht genug zu essen haben.
Das Land wird auch von einer schweren Dürre geplagt. Falls nicht innerhalb von sechs oder sieben Wochen Hilfe eintreffe, werde es zu spät sein - viele Straßen seien dann durch Schnee nicht mehr passierbar.
Hilfsorganisationen bleiben im Land
Ein Großteil der humanitären Hilfsorganisationen will seine Arbeit in dem krisengebeutelten Land jedenfalls fortsetzen. Alle Organisationen der Vereinten Nationen, wie etwa das Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR), wollen nach Informationen der „Welt am Sonntag“ ihre Arbeit in Afghanistan trotz der Machtübernahme der Taliban weiterführen. Nach Angaben des UNO-Informationsbüros in Genf handle es sich dabei um etwa 300 ausländische und rund 3000 einheimische Mitarbeiter.
Lesen Sie auch:
EU fordert Vorbereitungen auf Geflüchtete
Am Samstag rief die Europäische Kommission die EU-Länder auf, sich auf mögliche Fluchtbewegungen aus Afghanistan vorzubereiten. „Wir sollten nicht die gleichen Fehler wie 2015 machen. Wir sollten nicht warten, bis die Menschen an den EU-Außengrenzen stehen“, sagt die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson der „Welt am Sonntag“. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach sich indes einmal mehr gegen eine freiwillige, zusätzliche Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen in Österreich aus.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.