Die zunehmenden Appelle der EU-Kommission, sich intensiv an der Hilfe vor Ort zu beteiligen sowie auch geflüchtete Menschen aus Afghanistan aufzunehmen, stößt auf Unverständnis bei Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Brüssel würde dabei „permanent falsche Botschaften“ aussenden, zeigte sich der Minister in einer Aussendung „schockiert“. Damit sind sich die Koalitionspartner der Bundesregierung zu dem Thema weiterhin uneinig.
„Vorschläge, jetzt alle Menschen aus Afghanistan nach Europa zu holen, kann ich nur ganz entschieden verurteilen“, so Nehammer. Ziel könne nicht sein, „Abertausende“ Afghanen nach Europa zu holen. Das sei keine Lösung und eine „sehr kurzsichtige und ideologisch fehlgeleitete Politik“, die gefährlich für Europa sei. Schutz für die Flüchtlinge müsse in der Region gewährleistet werden.
„Fehler von 2015 nicht wiederholen“
Die schwedische EU-Innenkommissarin hatte mit einem entsprechenden Vorschlag in der „Welt am Sonntag“ der Debatte neuen Schwung verliehen, als sie forderte, dass man zeitnah reagieren müsse, damit man „die Fehler aus dem Jahr 2015“ nicht wiederhole. Sie plädierte dabei neben der Unterstützung der Nachbarländer Afghanistans auch für die Aufnahme von Geflüchteten in den EU-Staaten.
Die EU-Kommission sei bereit, solche Programme zu koordinieren und zusätzliche Finanzhilfen bereitzustellen, bekräftigte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch eines Erstaufnahmelagers für vor den Taliban geflohene afghanische Ortskräfte der EU in Spanien am Samstag. Auch von der Leyen stellte klar, dass ebenso den Menschen in Afghanistan weiter geholfen werden müsse.
„Fast alle EU-Staaten“ bereit zur Aufnahme
Laut dem spanischen Außenminister José Manuel Albares haben sich „fast alle EU-Staaten“ bereit erklärt, Flüchtlinge aus dem Lager aufzunehmen. Die Afghanen sollen zunächst eine „befristete Einreiseerlaubnis“ für Spanien erhalten, bevor ihnen von den verschiedenen Ländern, in denen sie sich niederlassen sollen, der Flüchtlingsstatus zuerkannt wird.
Bislang nur wenige am Weg nach Europa
Zu möglichen Fluchtbewegungen aus Afghanistan sagte Johansson, bisher bewegten sich nicht so viele Menschen nach Europa, „aber die Situation ändert sich jetzt schnell und wir müssen auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein“.
Ähnlich wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verwies Nehammer auf die bereits jetzt „große afghanische Community“ in Österreich. Von den insgesamt rund 44.000 Afghanen hierzulande hätten viele keine Schulbildung und seien „trotz großer Bemühungen schwer zu integrieren“, das zeige auch die Kriminalitätsstatistik. Hilfe vor Ort sei derzeit das „einzig Richtige und Vernünftige, auf das sich die EU-Kommission jetzt konzentrieren sollte“.
Damit steht die Position der ÖVP weiterhin völlig konträr zu der des Koalitionspartners. Die grüne Nationalratsabgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic bekräftigte einmal mehr die Ansicht, dass man in der aktuellen Situation „nicht wegsehen“ dürfe.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.