Seit Tagen wurde davor gewarnt, nun ist es Realität: Selbstmordattentäter sprengten sich beim Flughafen Kabul in die Luft. Es gab mindestens 72 Tote und zahllose Verletzte. Die letzten Evakuierungsflüge aus Afghanistan gingen am Donnerstag über die Bühne. Noch im Land verbliebene Österreicher sollen dem Airport fernbleiben.
Bislang gebe es keine Hinweise, dass bei den Anschlägen am Donnerstag Österreicher zu Schaden gekommen seien, teilte das Außenministerium mit. Die Bemühungen, Österreicher und Personen mit österreichischer Aufenthaltserlaubnis bei der Ausreise zu unterstützen, würden weiter mit Hochdruck vorangetrieben, hieß es.
Ministerium bemüht sich, Österreicher vor Ort zu unterstützen
„Die Krisenteams des Außenministeriums werden in den Nachbarländern ihre Bemühungen fortsetzen, die Österreicher vor Ort bestmöglich zu unterstützen“, sagte Ministeriumssprecherin Gabriele Juen. Auch an den Grenzen zu den Nachbarländern sollen Österreicher und legal in Österreich lebende Afghanen, die noch in Afghanistan warten, bestmöglich bei einer möglichen Ausreise über den Landweg unterstützt werden.
Länder stoppten die zivilen Evakuierungen
Belgien, Dänemark, Polen und Kanada stellten die Evakuierungen ein, die Niederlande ebenfalls, Frankreich plant das für heute. Einzig die USA und Großbritannien, die bis 31. August evakuieren wollten, ließen das konkrete Ende der Rettungsflüge nach den Anschlägen noch offen.
Österreich bat US-Botschaft um Hilfe - abgelehnt
Auch der zivile Evakuierungseinsatz der deutschen Bundeswehr ging am Donnerstag zu Ende. Wie das österreichische Außenministerium in Wien mitteilte, arbeite das Krisenteam weiter vehement daran, Österreicher und Afghanen mit einem Aufenthaltstitel in Österreich zu retten. Laut „Krone“-Information fragte das Außenministerium auch bei der US-Botschaft um Hilfe an, dies soll aber abgelehnt worden sein. Die Botschaft und auch das Ministerium wollten die Anfrage nicht kommentieren. Von offizieller deutscher Seite hieß es, man habe „im Rahmen der Möglichkeiten“ österreichische Staatsbürger mitgenommen.
Bislang sei die Zahl der von der Luftwaffe ausgeflogenen Österreicher zweistellig - insgesamt wurden bisher 91 Personen mit österreichischem Pass oder Aufenthaltstitel ausgeflogen. Dutzende Österreicher sind aber nun vorerst in der Krisenregion gefangen. Das Außenministerium warnte sie, dass sie sich dem Flughafen nicht nähern sollen.
Zwei Anschläge binnen kurzer Zeit
Denn am Donnerstag eskalierte die Lage am Flughafen in Kabul endgültig. Bei zwei mutmaßlichen Selbstmordanschlägen nahe dem Flughafen und bei einem Hotel unweit des Hamid-Karzai-Airports gab es zahlreiche Opfer. Laut Angaben eines Taliban-Vertreters sind 28 Taliban-Kämpfer unter den Toten. Nach US-Angaben gab es mindestens 60 zivile Opfer, ein Taliban-Sprecher sprach von 72 verstorbenen Zivilisten - darunter auch Kinder - sowie zahllosen Verletzten. Auch 13 US-Soldaten verloren dabei ihr Leben.
Afghanischer IS-Ableger bekannte sich zu Attentaten
Mittlerweile reklamierte der in Afghanistan aktive Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat, der IS Khorasan-Provinz (ISIL-KP), den Anschlag für sich. Vor einer Woche töteten Taliban-Kämpfer IS-Chef Omar Khorasani, der vor einem Jahr von afghanischen Sicherheitskräften verhaftet worden und in einem Gefängnis in Kabul saß. Stunden nach den Anschlägen erschütterte eine weitere Explosion die Gegend.
Im Pentagon hieß es, man erwarte weitere Terrorangriffe. Die Mission werde trotzdem fortgeführt. In einer Ansprache kondolierte der sichtlich gezeichnete US-Präsident Joe Biden den Opfern. Er sprach von einem „harten Tag“. „Wir werden nicht vergeben. Wir werden nicht vergessen. Wir werden euch jagen und euch dafür bezahlen lassen!“, sagte Biden am Donnerstag im Weißen Haus.
Menschen wollten noch in Flughafen gelangen
Die Sicherheitslage rund um den Flughafen hatte sich in den Stunden vor dem Anschlag noch einmal deutlich zugespitzt. Der Andrang wurde wegen des angekündigten Endes der Evakuierungsflüge immer größer. Die Menschen stünden an einem Tor „so eng aneinander wie Ziegel einer Mauer“, es gehe keinen Meter voran, berichtete ein Augenzeuge.
Zahlreiche Warnungen bereits Donnerstagfrüh
Mehrere Länder hatten zuvor vor einer Terrorgefahr gewarnt. Großbritanniens Staatssekretär im Verteidigungsministerium, James Heappey, sprach von der Bedrohung durch einen „unmittelbaren, tödlichen Angriff“ auf den Flughafen oder die von westlichen Truppen genutzten Zentren. Er sollte leider recht behalten.
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