„Krone“-Kommentar
Die Heuchler in Moskau und Peking
Sie gießen Spott und Hohn über das Debakel der USA in Afghanistan, sehen das Ende des amerikanischen Zeitalters gekommen und reichen den Taliban die Hand „zu Frieden und Stabilität“: die autoritären Nachbarn Russland und China.
In Wirklichkeit haben sie Bauchweh bis zum Gehtnichtmehr und weinen den US-Soldaten stille Tränen nach. Diese hatten ihnen die Extremisten vom Hals gehalten. Denn der Siegestriumph der Taliban wird in der gesamten islamischen Welt gefeiert und gibt dem Dschihadismus neuen Auftrieb. Für Terror-Nachwuchs ist damit gesorgt.
Russland hat guten Grund: 20 Prozent seiner Einwohner sind Moslems, eng verbunden mit den Glaubensbrüdern in den Ex-Sowjetrepubliken Zentralasiens, wo Islamismus ohnehin gärt. Das Gleiche gilt für China, das gerade seine muslimische Volksgruppe der Uiguren in brutalen Umerziehungslagern einer Gehirnwäsche unterzieht.
In Teheran überwiegt noch die Freude, US-Truppen an der Grenze losgeworden zu sein, aber bald werden die religiösen Instinkte der schiitischen Iraner wach, wonach die sunnitischen Taliban eigentlich Ketzer seien. Die Ajatollahs haben eine Albtraumerfahrung: 1998 hatten die Taliban im iranischen Pilger-Konsultat in Mazar-e-Sharif (angebliches Grabmal des Mohammed-Schwiegersohns und ersten schiitischen Imams Ali) elf iranische Diplomaten abgeschlachtet. Und die schiitische Minderheit der Hazaras in Afghanistan (Nachkommen von Mongolen und Vorfahren der Großmoguln in Indien) wird auf der untersten Stufe der sozialen Leiter niedergedrückt.
Russland, China und dem Iran wird das Lachen über die Amerikaner in Afghanistan schon noch vergehen.
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