NSA-Whistleblower Edward Snowden hat erneut massive Kritik an Apples geplantem Kinderporno-Detektor geübt. In einem auf seiner Website veröffentlichten Essay warnt der 38-Jährige vor dem „allsehenden Auge“ des kalifornischen Konzerns, der mit seinem Vorhaben der Privatsphäre den Krieg erklärt habe.
„Das neue System von Apple wird, unabhängig davon, wie man es zu rechtfertigen versucht, dauerhaft neu definieren, was dir gehört und was ihnen gehört“, schreibt Snowden, der 2013 die ausufernde Massenüberwachung des US-Geheimdienstes NSA öffentlich gemacht hatte. Der Whistleblower befürchtet vor allem, dass Apple mit der Einführung seiner Kinderporno-Erkennung, die einen Abgleich von in seiner iCloud gespeicherten Fotos mit sogenannten Hashes vorsieht, einen Präzedenzfall schaffe, über dessen Anwendung der Konzern letztlich die Kontrolle verlieren werde.
„Beginn einer dunklen Zukunft“
„Was passiert, wenn eine Partei in Indien verlangt, dass Apple nach Memes sucht, die mit einer separatistischen Bewegung in Verbindung stehen? Was passiert, wenn Großbritannien verlangt, nach einer Bibliothek mit terroristischen Bildern zu suchen? Wie lange dauert es noch, bis das iPhone in der Hosentasche leise Berichte über die Begegnung mit ‘extremistischem‘ Material oder über Ihre Anwesenheit bei einer ‘bürgerlichen Unruhe‘ ablegt?“, fragt Snowden und warnt vor dem „Beginn einer dunklen Zukunft“, die mit dem „Blut der politischen Opposition von hundert Ländern“ geschrieben werde, „die dieses System bis zum Äußersten ausnutzen werden“.
Dass dieses System, wie von optimistischer gestimmten Beobachtern geäußert, möglicherweise der Auftakt zur Einführung einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für die Kommunikation auf Apple-Geräten sein könnte, ist für Snowden unerheblich: „Ab dem Tag, an dem dieses System in Betrieb geht, wird es keine Rolle mehr spielen, ob Apple jemals eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ermöglicht, denn unsere iPhones werden ihre Inhalte melden, bevor unsere Schlüssel überhaupt benutzt werden“, mahnt Snowden weiter und verweist damit auf Apples Absicht, die sogenannten Hashes zum Abgleich der Fotos lokal auf den weltweit mehr als eine Milliarde iPhones zu speichern.
„Das ist keine Innovation, sondern eine Tragödie“
Er könne sich an kein anderes Unternehmen erinnern, das so stolz und öffentlich Spyware für seine eigenen Geräte verbreitet habe - und er könne sich keine gefährlichere Bedrohung für die Sicherheit eines Produkts vorstellen als den Unfug seines eigenen Herstellers, so der ehemalige NSA-Mitarbeiter. „Wir sind Zeugen der Konstruktion eines allsehenden Auges (…), unter dessen Ägide sich jedes iPhone selbst nach allem durchsucht, was Apple will oder was Apple zu wollen vorgibt. Sie erfinden eine Welt, in der jedes Produkt, das Sie kaufen, seine höchste Loyalität jemand anderem als seinem Besitzer schuldet“, schreibt Snowden abschließend.
„Um es ganz offen zu sagen: Das ist keine Innovation, sondern eine Tragödie, ein sich anbahnendes Desaster.“
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