Die Innenminister der EU-Staaten sind am Dienstag in Brüssel zu einem Sondertreffen zu den Entwicklungen in Afghanistan zusammengetroffen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bekräftigte einmal mehr, keine zusätzlichen Afghanen aufnehmen zu wollen. „Es braucht die Freiwilligkeit“, sagte Nehammer in Hinblick auf mögliche EU-Umsiedlungspläne (Resettlement) für afghanische Flüchtlinge. Gegenüber krone.at richtete er außerdem einen Appell an die Flüchtlinge: „Macht euch nicht auf den Weg, wir helfen in der Region.“
Österreichs klare Haltung in der Migrationsfrage setze sich laut Nehammer immer stärker durch. „Gemeinsames Ziel sei, die Stärkung des Außengrenzschutzes, illegale Migration und Fluchtbewegungen nach Europa zu verhindern, sowie für Sicherheit und Stabilität in der Region zu sorgen“, so der Innenminister. Eine gemeinsame Erklärung solle im Innenministerrat am Dienstag verabschiedet werden.
„Flüchtlingen in Nachbarländern helfen“
Unterstützung bekam Nehammer dabei von seinen Kollegen aus Tschechien und Dänemark, Jan Hamacek und Mattias Tesfaye, in einem gemeinsamen Statement vor dem Treffen. „Wir werden helfen“, betonte Hamacek. Aber man werde sich mit der Situation vor Ort auseinandersetzen und keine „falschen Botschaften senden, die vielleicht falsche Hoffnungen wecken, die nicht erfüllt werden können“. Tesfayne betonte, dass „wir dieses Mal anders als 2015 darauf setzen müssen, sicherzustellen dass Flüchtlingen in den Nachbarländern geholfen wird“.
Nehammer kritisiert EU-Innenkommissarin
„Verwaschene Botschaften“ habe unterdessen EU-Innenkommissarin Ylva Johansson gesendet. „Wenn wir sagen, es braucht Hilfe vor Ort, kann ich nicht gleichzeitig von sicheren Fluchtrouten nach Europa sprechen“, kritisierte Nehammer erneut. Das nütze nur dem Menschenhandel. „Macht euch nicht auf den Weg, wir helfen vor Ort, wir unterstützen die Regierungen, aber hier nach Europa zu kommen, ist ein Fehler“, appellierte der Innenminister.
So lange Österreich „so hohe Belastung durch irreguläre Migration“ habe, finde Nehammer es „völlig unangemessen, über Resettlement zu reden“. Seinen Angaben zufolge beheimatet Österreich weltweit die viertgrößte afghanische Community. Wenn die EU es einmal schaffe, „sichere Außengrenzen zu haben, dann kann man über andere Programme nachdenken“, betonte der Innenminister weiter.
EU-Kommission will 30.000 Menschen neu ansiedeln
Laut einem EU-Beamten fordert die EU-Kommission, dass die EU-Länder bis 2022 insgesamt 30.000 Menschen neu ansiedeln sollen - und zwar für alle Flüchtlingskategorien, wie das Nachrichtenportal Politico berichtete. Das bedeutet, dass ein neues Neuansiedlungsprogramm speziell für Afghanen, zusätzlich zu diesen 30.000, vorerst nicht in Betracht kommt.
Abschiebungen derzeit rechtlich unmöglich
Nachdem ein Taliban-Sprecher gegenüber der „Krone“ die Bereitschaft geäußert hatte, straffällig gewordene Asylwerber aufzunehmen, erklärte Nehammer, dies auch tun zu wollen, wenn es „die rechtlichen Möglichkeiten hergeben“. Dies sei derzeit jedoch faktisch nicht möglich. Menschenrechtsexperte Manfred Nowak stellte in dem Zusammenhang auch klar, dass es sich dabei um eine klare Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention handeln würde.
Taliban grundsätzlich zur Rücknahme bereit
Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid sicherte im „Krone“-Interview die Rücknahme nicht asylberechtigter und möglicherweise straffälliger Afghanen aus Österreich und Deutschland zu - und erklärte: „Ja. Sie würden einem Gericht vorgestellt werden. Das Gericht muss entscheiden, wie es mit ihnen weitergeht.“
Dass derzeit Abschiebungen nach Afghanistan nicht zulässig sind, ging vor zwei Wochen auch aus einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) hervor: Die Verfassungsrichter gaben dem Antrag eines afghanischen Staatsbürgers auf aufschiebende Wirkung betreffend seiner Anhaltung in Schubhaft statt - und stellten fest, dass angesichts der aktuellen Entwicklungen eine zeitnahe Abschiebung in das Land nicht möglich sei.
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